Soziales im Digitalen. Teil 3: Tools und Tipps

Sozialer Austausch ist das Geheimrezept menschlicher Zusammenarbeit, hat unser Gastautor Michael Metzger in den letzten beiden Folgen dieser Serie herausgearbeitet. Aber in digitalen Räumen funktioniert das Soziale anders als offline. In diesem Beitrag gibt es zehn ganz konkrete Tipps und jede Menge Tools, mit denen ihr Herzlichkeit in Online-Räumen erzeugen könnt.

Drei Frauen sind in einem Videocall zu sehen, sie halten ihr Mittagessen in die Kamera.

Wenn ihr die vergangenen Teile der Serie gelesen habt, sind euch einige der Tipps schon untergekommen. Im Folgenden wird es etwas detaillierter – und dazu Links, Links, Links. Nehmt euch Zeit für das Soziale im stressigen (virtuellen) Arbeitsalltag! Viel Spaß beim Ausprobieren – schreibt eure Gedanken und Erfahrungen zu den Methoden gern in die Kommentare.

#1 Netiquette

Was ist erlaubt, und was nicht? Um die Regeln in deinem digitalen Raum schon vor der jeweiligen Session explizit zu machen, solltest du eine Netiquette erstellen. Diese Verhaltensregeln schreibst du als Gastgeber:in entweder selbst, oder entwickelst sie als eine Art Teamvertrag gemeinsam mit allen Gruppenmitgliedern. In der Netiquette steht vor allem, wie der Umgang miteinander sein soll (z.B. respektvoll, gleichberechtigt, antidiskriminierend). Die Netiquette sollte vor allem klar regeln, was passiert, wenn jemand gegen eine Regel verstößt. Denn so habt ihr eine begründete Handhabe, zum Beispiel Personen aus eurem Raum zu entfernen. So sieht die Netiquette des D3-Schwesterprojekts openTransfer aus.

In der Netiquette kann darüber hinaus klarer festgehalten werden, welche Kommunikationsregeln gelten, z.B. in welcher Form Rückfragen erlaubt sind (direkt oder im Anschluss, im Chat oder per Audio?). Orientierung gibt auch ein Abschnitt zu Technikproblemen. Bei welchem Problem muss ich selber weiterkommen, wo kann ich Hilfe der anderen erwarten?

#2 Start mit CheckIn

Zum Start eines Videocalls merkt man nicht automatisch, wie die anderen Teilnehmenden gerade drauf sind und kann ihre Aktivität oder ihre Kommentare nicht gut einschätzen. Daher bietet sich zu Beginn jedes längeren Gruppen-Calls – oder im Team als Einzelevent jeden Tag – ein CheckIn an. Hier geht es darum, ganz explizit die Stimmung abzufragen. Im CheckIn sagen sich alle Teilnehmenden Hallo und kommen an. Eine Idee, wie das gestaltet werden kann: Jede:r beantwortet drei kurze Fragen und übergibt danach das Wort an eine andere Person, die noch nicht dran war.

  • Frage Eins ist direkt persönlicher Natur, beispielsweise „Wie geht es dir heute?“. Liegt beispielsweise das eigene Kind mit Fieber im Bett oder hat man schlecht geschlafen, kann man das an dieser Stelle thematisieren, damit die Kolleg:innen empathisch Rücksicht nehmen können.
  • Frage Zwei bezieht sich auf die Vergangenheit, beispielsweise „Wann warst du das letzte Mal stolz auf dich – und warum?“.
  • Frage Drei ist stets auf die Zukunft bezogen. Zum Beispiel „Was sind deine Ziele für den heutigen Tag“ oder „Was muss passieren, damit der Tag zu einem Erfolg für dich wird?“

Mehr Gedanken zu CheckIns (und Checkouts) habe ich in meinem Blog festgehalten

#3 Blick in die Kamera

In Videocalls neigen wir dazu, auf den Bildschirm zu schauen. Klar, denn dort sehen wir die Gesichter aller anderen Personen. Für die sieht es dann aber so aus, als würden wir sie nicht anschauen, sondern unseren Blick immer ein wenig nach unten senken. Besser ist, hin und wieder direkt in die Videokamera zu blicken. Das gelingt leichter, wenn man sich die Bilder der anderen Teilnehmenden als Miniaturansicht an den oberen Bildschirmrand zieht.

#4 Icebreaker

Icebreaker sind Spiele, in denen sich alle miteinander locker machen. Das fördert Vertrauen und Gruppendynamik und eignet sich für Pausen genau wie für den Einstieg. Gute Icebreaker sind zum Beispiel das gemeinsame Karaoke-Singen, eine Grimasse vor der Kamera schneiden (die alle anderen nachmachen müssen) oder ein anderes Gruppenmitglied in nur 3 Minuten auf ein Post-It malen. Schwierigkeitsstufen: Mit Blick nur auf den Bildschirm, mit geschlossenen Augen oder hinter dem Rücken.

Zugegeben, das hier ist vorproduziert – ist live bei der re:publica aber auch ein echtes Highlight.

#5 Conversation Cards

Small Talk ist gut zum Kennenlernen, aber wie funktioniert er? Die simple Frage “Was machst du so?” haut niemanden vom Hocker. Zum Glück gibt es Conversation Starter Karten, die man in die Kamera halten kann. Das Berliner Unternehmen “School of Life” bietet gleich eine ganze Reihe solcher Kartensets an. Frage gefällig? “Inwiefern hat die Erziehung deiner Eltern dich zu dem gemacht, was du heute bist?”. Einen kostenlosen digitalen Fragekoffer mit guten Startern gibt es auch hier auf Englisch.

#6 Bewegungsspiele

Wenn wir im Digitalen sowieso die ganze Zeit vor dem Computer sitzen, können wir zwischendurch Spiele nutzen, um uns genauer kennenzulernen und uns zu bewegen. Zum Beispiel: “Auf drei holt jede:r einen roten Gegenstand vor die Kamera!”, oder “Auf drei will ich, dass alle einen Gegenstand in die Kamera halten, der zwei Meter oder länger ist!” „Was ist dein aktueller Lieblingsgegenstand?“

#7 Zeig-mir-wo-du-bist-Aktivitäten

Im Digitalen teilen wir einen virtuellen Raum, während jeder in seinem eigenen (Home) Office sitzt. Aber wie sieht das eigentlich aus? Eine schöne Aktivität für Gruppendynamik ist eine virtuelle Tour durch das Home Office aller Beteiligten. Hier braucht es aber etwas Fingerspitzengefühl. Wissen wir vorher von der Aufgabe und können noch eine Decke über die Chaosecke werfen? Ist es für einige in der Gruppe schwierig, ihre möglicherweise prekären Lebensverhältnisse zu zeigen?

Gerade im Schulkontext wird intensiv diskutiert, ob es zu verantworten ist, die unterschiedlichen Wohnverhältnisse zu zeigen. Eine launige Alternative sind Hintergrundbild-Wettbewerbe. So erlauben Videokonferenz-Tools wie Zoom, sich – ähnlich dem Green Screen bei der Filmproduktion – einen virtuellen Hintergrund zu suchen, wenn man beispielsweise vor einer weißen Wand sitzt. Das kann mit einer Mottoparty kombiniert werden (Flower Power o.ä.).

Für längere Pausen geht auch ein Spaziergang: Jede:r geht für sich spazieren, nimmt die anderen aber via Kopfhörer mit und erzählt wie im Hörspiel, was auf dem Weg zu sehen und erleben ist. Ein Foto vom Spaziergang darf da nicht fehlen.

Während der Arbeit rauskommen und sich bewegen.
Photo by Samuel Freeman on Unsplash

#8 Breakout-Sessions

In einer Videokonferenz ab 20 Teilnehmenden können sich unmöglich alle in der großen Runde besser kennenlernen. In Breakout-Sessions schon! Breakout-Sessions sind Kleingruppen-Räume, in die man eine große Gruppe aufsplitten kann. Eine gute Kleingruppen-Größe sind drei bis fünf Personen, die dann miteinander über eine bestimmte Frage diskutieren können (s. Conversation Starter). Breakout-Sessions gehen in Zoom, Blue Jeans, BigBlueButton und MS Teams. Mit der Rückholfunktion könnt ihr steuern, dass die Gruppe sich nicht verquatscht.

#9 Virtuelle 3D-Räume

Schon mal eine digitale Welt genutzt, also einen dreidimensionalen Raum mittels Avataren betreten? Wenn ihr es nicht so mit Fantasy oder Ego-Shootern habt, dann probiert doch mal folgende 3D-Räume: Minetest (Online-Bauklötzchen-Welt), Recroom (digitale Spiele erfinden und selbst spielen) oder Mozilla Hub (Online-Welt ohne Regeln). Hier kann man sich als Team treffen und austoben!

#10 Digitale Spiele

Wer Spaß haben will, der kann einfach miteinander spielen. Im Digitalen machen digitale Spiele natürlich am meisten Sinn. Man kann mit einem speziellen PlugIn die Google Tabellenverarbeitung in ein Malen-nach-Zahlen verwandeln, die eigene Tippgeschwindigkeit mit denen der Kolleg:innen vergleichen oder auf Google Maps die Geburtsstadt eines anderen Gesprächsteilnehmenden finden (nur durch Scrollen, nicht durch Suchen). Viel Spaß!

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Soziales im Digitalen – die Serie

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