Wie du als Moderator:in für digitale Nähe sorgst – Teil 2: Die Event-Struktur

Im ersten Teil dieser Reihe haben wir Tipps und Tricks zusammengefasst, mit denen ihr euren Körper und eure Stimme in digitalen Moderationen besser einsetzen könnt. Dieses Mal sehen wir uns die Struktur von digitalen Veranstaltungen genauer an – aus der Sicht der Moderation.

Ein Laptop mit einer Mentimeter-Umfrage "Von wo aus seid ihr zugeschaltet" ist zu sehen. Im Hintergrund sieht man verschwommen die Moderatoren der D3-Veranstaltung "D3 Community Event"

Fotocredit: Claudia Höhne / D3 – so geht digital

Digitale Veranstaltungen sind zwar niedrigschwelliger und ermöglichen mehr Teilhabe, viele Menschen nehmen jedoch nur halbherzig teil. Die Möglichkeiten des Computers verleiten dazu, nebenher die Mails zu checken, zwischendurch in die Küche zu gehen und ab und an zu telefonieren. Es ist die Aufgabe der Moderation, Menschen für das Thema zu gewinnen und bei Stange zu halten. Das geht am ehesten mit Interaktion und Abwechslung.

Im Internet gibt es glücklicherweise tausende Blogbeiträge und Seiten mit interaktiven Methoden und Tools für den digitalen Raum. Doch viele Moderator:innen fühlt sich erschlagen von den Möglichkeiten. Ich kann euch beruhigen: Es muss gar nicht immer so wahnsinnig ausgefallen und verrückt sein. Versucht es mal mit den folgenden Tipps:

Plant genug Pausen ein

Eure Aufgabe ist es, Pausen schon in der Planung mitzudenken, das ist euch sicher klar. Darüber hinaus empfehle ich euch, die Zuhörenden direkt zu Beginn aktiv dazu aufzufordern, euch mitzuteilen, wenn sie darüber hinaus noch Pausen brauchen. Es gibt die Faustregel, dass im digitalen Raum alle 50 – 60 Minuten eine 10-minütige Pause benötigt wird. Solltet ihr ein sehr interaktives Event planen, kann die Zeitspanne auch etwas größer werden, bei einer reinen Input-Veranstaltung würde ich tendenziell mehr Pausen einplanen.

Holt die Menschen ab

Wenn wir uns in Präsenz treffen, fahren wir erstmal alle an einen gemeinsamen Ort. Wir sitzen vorher in der Straßenbahn, auf dem Rad oder im Auto und stellen uns auf die Veranstaltung ein. Dann kommen wir an der Location an, hängen unsere Jacke auf, tauschen uns aus und schnappen uns einen Kaffee. Und erst dann geht es inhaltlich los. Im Digitalen ist das oft anders. Wir loggen uns ein und legen direkt los. Dabei wissen wir nicht, wie es den anderen Personen gerade geht, wer vielleicht gerade seinen Kaffee verschüttet hat und bei wem es im Home Office Streit gab. Die wenigsten Menschen werden direkt die Ruhe und Konzentration haben, sich auf eure Themen einzulassen.

Mein Tipp: Nutzt die ersten 10 bis 15 Minuten jeder Veranstaltung auf jeden Fall für ein sanftes Ankommen. Sprecht unverfänglich über positiv konnotierte Themen, macht einen Check-In mit knackigen Fragen und testet die Technik. Sorgt dafür, dass jede:r mal zu Wort kommt – und sei es nur im Chat oder in Form einer Umfrage. Dies ist keine verlorene, sondern eine gut investierte Zeit, denn danach werden sich alle Beteiligten viel besser auf eure Themen einlassen können.

Sorgt für Interaktion

Eine weitere Faustregel besagt, dass es in virtuellen Meetings alle 10 bis 15 Minuten eine Interaktion mit allen Beteiligten braucht. Das klingt erstmal sehr viel. Vergesst an dieser Stelle aber bitte kurz die langen Listen mit Energizern und Methoden.

Glühbirne

Interaktion bedeutet manchmal auch einfach nur, eine Frage ans Publikum zu stellen, oder eine kleine Abstimmung durchzuführen. Videokonferenztools wie ZOOM, Webex und Co haben Umfragemöglichkeiten integriert, die sich sehr leicht anwenden lassen. Ihr könnt auch den Chat nutzen. Die aufwändigeren Methoden könnt ihr dann etwas dosierter alle 45 Minuten präsentieren.

Senkt die Hemmschwelle zur Beteiligung

Trotz der vielen Monate Erfahrung, die wir nun alle mitbringen, ist es doch noch immer für einige Menschen eine Herausforderung, in großen Gruppen ins Mikro zu sprechen oder die Kamera anzustellen. Ihr könnt als Moderator:innen die Hemmschwelle senken und die Beteiligung erhöhen, in dem ihr alle zu Beginn einmal mit Kamera sprechen lasst. Das kann in Form einer klassischen Vorstellungsrunde erfolgen (zum Beispiel: „Stellen Sie sich anhand
von drei Worten vor“), als Check-In im Plenum oder bei größeren Gruppen in Kleingruppen (die Kleingruppen-Funktion bieten mittlerweile alle größeren Videokonferenztools). Wer einmal gesprochen hat, wird auch im Laufe der Veranstaltung eher wieder sprechen.

Motiviert dazu, die Kamera anzulassen

Das Schöne an Videokonferenzen ist, dass wir uns nicht nur hören können, sondern uns auch sehen und kollaborativ zusammenarbeiten können. Leider gibt es aber immer noch viel zu viele digitale Veranstaltungen, in denen ein Großteil der Teilnehmenden ihre Kameras ausgeschaltet lassen. Darunter leiden die Stimmung, Atmosphäre und Energie des Events und für die moderierende Person wird es viel schwieriger, die Veranstaltung zufriedenstellend zu leiten.

Appelliert deshalb von Beginn an an alle Beteiligten, die Kamera stets anzulassen. Erklärt, wieso das wichtig ist und erinnert alle regelmäßig daran. Kleine Spiele mit der Kamera (zum Beispiel „Touch Blue“ oder „Alle, die…“) sorgen dafür, dass die Menschen sich vor den Bildschirmen besser entspannen können und die Kamera anstellen. Diese könnt ihr immer mal wieder mit den Beteiligten spielen – dazu braucht es auch keine Technikkenntnisse und alle werden kurz wieder wach.

Die Autorin beim digitalen openTransfer Camp.
Fotocredit: Andi Weiland I openTransfer.de

Nutzt auch haptische Methoden

Wir verbringen alle viel zu viel Zeit sitzend vor den Bildschirmen. Die Konzentration leidet, die Augen brennen und der Rücken schmerzt meist schon nach 45 Minuten. Vergesst also zwischendurch einfach mal all die fancy Digitalmethoden und nutzt mal wieder Stift und Papier. Fordert die Teilnehmenden zum Beispiel dazu auf, klassisch auf einem Zettel zu
brainstormen. Oder bittet sie, aufzustehen und aus dem Fenster zu gucken, während sie fünf Minuten lang über ein Thema nachdenken (Die Augen werden es euch danken!). Je mehr solcher Methoden eingebaut werden, umso weniger klassische Pausen braucht die Veranstaltung. Und die Teilnehmenden werden weniger müde sein.

Habt die Zielgruppe im Blick

Egal, wie ihr moderiert, ihr solltet immer die Zielgruppe im Fokus eurer Arbeit haben. Macht euch vorher ganz genau Gedanken darüber, für wen und mit wem ihr die Veranstaltung ausrichtet. Sind die Menschen bereits ganz natürlich jeden Tag digital unterwegs? Oder ist es für sie schon herausfordernd, sich bei ZOOM, MS Teams oder Webex zuzuschalten? Die tollsten Tools und Methoden bringen nichts, wenn ihr die Zielgruppe damit überfordert.

Und manchmal bedeutet das, dass die Aufgabe der moderierenden Person einfach nur ist, Mut zu machen und ein entspanntes Gespräch anzuleiten – ohne Whiteboard, ohne agile Methoden und ohne Chat, Umfragen und Co. Stattdessen mit umso mehr Energie und Empathie. Auch gute Gespräche kann man hervorragend vorbereiten: Wie ihr eine richtige gute Podiumsdiskussion plant, erfahrt ihr hier.

Verabschiedet die Teilnehmenden sanft

Der wichtigste Moment einer Veranstaltung ist die letzte Viertelstunde. Denn die Stimmung, mit der die Teilnehmenden euren Call verlassen, entscheidet darüber, ob und wie sie sich das nächste Mal zuschalten. Nutzt also auf jeden Fall die letzte Viertelstunde nochmal für einen Check-Out. Macht eine kurze Feedbackrunde, redet aber auch nochmal über andere, entspanntere Themen als die Inhalte. Gerne schlage ich auch vor, dass der Videokonferenzraum im Anschluss noch unmoderiert zum informellen Austausch zur Verfügung steht. Das wird gerne angenommen.

Das klingt alles ziemlich viel? Mit ein bisschen Übung geht das ganz leicht von der Hand. Und vergesst nicht: Moderator:innen müssen nicht perfekt sein, sondern den Event-Teilnehmenden eine gute Zeit schaffen. Ihr sorgt dafür, dass Menschen sich gut austauschen und miteinander arbeiten können. Da darf auch mal etwas schief gehen und gelacht werden. In Teil 3 3 blicken wir kommende Woche auf die Königsdisziplin der Online-Moderation: Hybride Events.

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