Klimaschutz am Laptop: 3 Hacks für nachhaltiges digitales Arbeiten

Der digitale CO2-Fußabdruck erreicht pro Kopf und Jahr mindestens 0,85 Tonnen – und einen nicht unerheblichen Teil machen ganz alltägliche Anwendungen aus. Mit den drei Hacks in diesem Beitrag könnt ihr erheblich Treibhausgas einsparen. Seid ihr dabei?

Auf schwarzem Hintergrund liegen rund 20 Buttons in grün, pink und weiss. Auf ihnen steht "Think Digital Green".

Foto: Think Digital Green

Es lohnt sich, die Nutzung digitaler Anwendungen an deinem Arbeitsplatz mit der Klimaschutz-Brille anzusehen: Wie kannst du unnötigen Datentransfer vermeiden und damit Energieverbrauch und CO2-Emissionen senken? Weil unser Büroalltag immer digitaler wird und wir praktisch von überall aus im Team dabei sein können, wird es aber auch immer relevanter, dabei auf den ökologischen Part zu achten. Darüber haben wir in Teil 1 dieser Serie bereits geschrieben:

In diesem Teil wird es nun ganz praktisch: Mit drei Hacks, also kleinen technischen Kniffen, die alle sofort umsetzen können – ohne auf etwas zu verzichten. Im Artikel treffen wir auf Karl und Nala, die beide in einer Non-Profit-Organisation arbeiten und ihr privates Engagement für Klimaschutz gerne auch im Berufsalltag einsetzen wollen.

💌 Hack 1 – klimabewusster E-Mailen:

Täglich werden weltweit etwa 330 Milliarden E-Mails bewegt, Tendenz steigend.

Karl erhält im Schnitt 21 E-Mails am Tag. Auch wenn eine E-Mail mit Text nur einen geringen Fußabdruck hat, so stimmt der Satz: „Kleinvieh macht auch Mist.“ Rechnerisch verursacht jede E-Mail etwa 10 g CO2 durch Erstellen, Versand, Lesen und Speichern. Dafür wird auch Wasser für das Kühlen der Server verbraucht, die auch einen Fußabdruck haben.

Wie gehen Karl und Nala vor?

Bild zeigt einen Briefkasten und daneben einen Dialog. Karl: „Ich kriege und sende am Tag gut 20 E-Mails. Die ohne echten Inhalt lasse ich ab jetzt weg. Viele haben große Anhänge, ist mir aufgefallen. Diese verschicke ich jetzt über Cloud-Link. Das fühlt sich richtig an.“ Nala: “Hört sich gut an. Im Jahr sparen wir damit ein paar Kilo CO2. Super, deine Idee mit den Cloud-Links. Ich nutze, wo es nur geht, Messenger-Dienste. Jetzt muss ich noch die unnötigen Benachrichtigungen  und alten Newsletter abbestellen… " Karl: „… und deine die Ordner ausmisten? Mich macht das zufrieden. Ist wie Müll rausbringen. Da fällt mir übrigens noch etwas ein…“

Was Karl noch einfällt, ist folgendes: Er wird ungenutzte E-Mail-Accounts und alte Accounts in Apps für Zusammenarbeit, die er „mitschleppt“, endlich löschen. Auch Daten, die lediglich lagern, brauchen Strom.

Ein paar Tage später gehen Karl und Nala gemeinsam zum Mittagessen. Auf dem Rückweg schneidet Karl das Thema Video-Konferenzen an. Er hatte Nala versprochen, ihr von seinem kleinen Experiment zu berichten.

💻 Hack 2 – klimabewusster sein beim Video-Conferencing

Foto einer Videokonferenz, daneben ein Dialog. Karl: “Gestern habe ich im Team-Meeting gesagt, dass ich die Kamera ausmache, wenn ich nur zuhöre. Um damit 94 % CO2-zu vermeiden.“ Nala: "Und, wie haben sie reagiert?" Karl: “Eine Kollegin hat mich spontan  unterstützt. Sie kennt das Problem, hat es aber bisher nicht angesprochen. Wir beide wollen jetzt für die anderen einen Vorschlag machen, wie wir die Kamera sinnvoll nutzen wollen.“ Nala: “Wow. Kann ich den auch sehen? Vielleicht trage ich ihn auch in unsere Abteilung. Und in meinen virtuellen Netzwerken. Fast alle wollen beim Klimaschutz mitmachen.“

Videokonferenzen können bis zu 450 MB Daten pro Stunde verbrauchen. Wenn Karl im Schnitt beruflich und privat ca. 2 Std. pro Tag in Online-Meetings verbringt, können dadurch etwa 250 kg Treibhausgase im Jahr für Rechenzentren, Datennetze und Betrieb des Endgeräts usw. entstehen. Wenn er die Kamera die Hälfte der Zeit ausgeschaltet lässt, sinkt die Bilanz rechnerisch auf 135 kg CO2 pro Jahr. Das hat Think Digital Green berechnet. Daher gilt abzuwägen: Wann brauche ich die Kamera in Videokonferenzen und wann nicht?

Ein Beispiel: Vielleicht ist euch aufgefallen, dass beim Präsentieren viele Kolleg:innen zuhören und gar nicht in die Kamera schauen. Ist dies ohnehin der Fall, braucht es keine Bildübertragung. Im Diskussions-Teil jedoch ist es wichtig, die Menschen zu sehen. Ein Team kann also vereinbaren, wie ein klimabewusstes Online-Meeting gestaltet werden soll.

Einen noch größeren Impact habt ihr unter dem Finger, wenn ihr ein Video streamt.

🍿 Hack 3 – Der größte Impact: klimabewusster beim Video-Streaming

Bei unseren Workshops geben manche Teilnehmende an, bis zu 6 Stunden pro Tag zu streamen. Dabei rechnen sie beruflich relevante Tutorials, Podiumsveranstaltungen, Nachrichten-Sendungen und privat gestreamte Videos zusammen. Seit Corona sind die Zahlen fürs Streaming deutlich gestiegen – auch im mobilen Netz. Professor Tilman Santarius, TU Berlin, gibt zu bedenken:

 „Wer in der Straßenbahn Videos streamt, hat fast den gleichen Energieverbrauch wie jemand, der mit dem Auto nebenher fährt.“[1]

Nala kennt das Zitat bereits aus ihrem Workshop, den sie bei uns besucht hat. Sie hat Karl sofort auf ihrer Seite, hier den Energieverbrauch zu senken. Denn es ist ganz einfach: Wer die kleinstmögliche Wiedergabe-Qualität für das jeweilige Endgerät auswählt, nur im WLAN streamt und Autoplay in den Sozialen Netzwerken abschaltet, hat schon viel unnötiges CO2 vermieden. Denn ganz ehrlich: HD muss bei einem Tutorial oder den nebenbei geschauten Nachrichten nicht sein, oder?

Foto zeigt einen rauchenden Fernseher in pink. Daneben ein Dialog. Nala: „Video-Streaming führt etwa zur Hälfte  des Datenverkehrs überhaupt. In einer Stunde kann bis zu 1 kg CO2 entstehen. Da lohnt es sich Hacks auszuprobieren.“ Karl: „Auf jeden Fall! Wie kriege ich das hin,  wenn ich trotzdem super Qualität will?“  Nala: „Ist nicht schwer. Diese Hacks brauchst du:   Die Auflösung: Welche Qualität passt zu  deinem Gerät? Ultra HD brauchst du nicht am Handy. Das spart bis zu 70 % CO2!  Stoppe automatisches Abspielen von Videos. Das ist unnötiger Datentransfer. Geh ins WLAN. Das spart auch Energie.“ Karl:„Krass. Wieso zeigen mir die Streaming-Dienste diese Hacks nicht an? Da  muss die Politik ran.“

Noch mehr kleine Hacks für weniger CO2-Verbrauch

  • Download des Videos auf das Endgerät, wenn Videos öfters genutzt werden oder z. B. aktuelle Nachrichten in der U-Bahn angeschaut werden sollen. So findet der Datentransfer nur einmalig statt.
  • Einer für alle! Im Büro ist auch das gemeinsame Streamen im Konferenzraum – etwa bei Live-Streams für eine Weiterbildung oder hybriden Team-Meetings – eine gute Idee. Auch können sich Kolleg:innen dann im Anschluss dazu austauschen.

Wie auch Karl kritisieren viele Konsument:innen den hohen Stromverbrauch des Internets und wünschen sich mehr Informationen und umweltfreundlichere Angebote.

Es an der Zeit, dass die Politik Klimaschutz und Digitalisierung zusammen denkt und auf einander abstimmt.

Hierfür gibt es noch keinen Masterplan. Aber es gibt u.a. ein Plädoyer für ein digitales Nachhaltigkeitsgesetz von Abgeordneten der Grünen (12/2022) und eine Konferenz unter dem Motto: „Nachhaltigkeit by design – für eine klimaneutrale digitale Zukunft“ im März 2023 in Berlin. Hier stehen auch die Themen Recht auf Reparatur von ITK-Geräten (Bezeichnung für Geräte der Informationstechnologie (EDV) und der Telekommunikation (z.B. Telefonanlagen) und klimagerechte Digitalisierung – Rohstoffe, seltene Erden und Menschenrechte – auf der Agenda.

Zum Abschluss noch ein Geräte-Hack für mehr digitale Nachhaltigkeit: Prüft beim Neukauf, ob wieder aufbereitete, also refurbed Smartphones etc. verfügbar sind und gebt unbrauchbare Geräte an Sammelstellen ab. Positiv ist, dass etliche Arbeitgeber inzwischen Fairphones anbieten und ausrangierte Geräte zur Weiterverwertung bzw. Aufbereitung an die AfB – social & green IT geben.

Auch wenn das Prinzip „Nachhaltigkeit by design“ erst am Horizont erscheint: Wir brauchen nicht zu warten. Wir alle können selbst Impact erzeugen und andere mitnehmen. Tag für Tag. Klick für Klick. Denn: digital und nachhaltig – das geht!

Weiterführende Informationen und Ressourcen

Bits und Bäume, die Konferenz für Digitalisierung und Nachhaltigkeit 2022: Programm, Aufzeichnungen, politische Forderungen.

Video-Interview mit Prof. Tilman Santarius, Bits und Bäume-Konferenz 2022 zu den politischen Forderungen mit Susanne Grohs-v. Reichenbach, Think Digital Green.

Video-Interview mit Hannah Magin, All Codes Are Beautiful bei der Bits und Bäume-Konferenz 2022 zu nachhaltigen Websites

Digitalisierung zum Treiber des Klimaschutzes machen! Plädoyer für ein digitales Nachhaltigkeitsgesetz, Autor:innenpapier, 5.12.22

Corporate Digital Responsibility (CDR):  Die Initiative des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz hat das Ziel, digitale Verantwortung zu einer Selbstverständlichkeit für Organisationen werden zu lassen. Du findest auf der Website unter anderem Prinzipien des CDR-Kodex und Fallbeispiele

Praxis-Beispiel CDR: Aktion „digitaler Frühjahrsputz“ bei der Otto Group

Öko-Institut e.V.: Themen der nachhaltigen Informations- und Kommunikationstechnik u.a.

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[1] Frankfurter Rundschau, 27.12.2019 (Zugriff 07.01.2023)

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