Beteiligung, was ist das und wie funktioniert sie? In der Serie Digitale Beteiligung berichten wir von Liquid Democracy von unseren Erfahrungen und geben euch Tipps an die Hand, wie digitale Beteiligung gelingen kann. Heute geht es speziell um Jugendbeteiligung. Was gilt es zu beachten, und warum braucht diese Zielgruppe besondere Aufmerksamkeit?
Junge Menschen sind in Beteiligungsprozessen, die eigentlich alle Altersgruppen ansprechen sollen, meist unterrepräsentiert. Viele haben das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden oder denken, dass ihre Meinung nicht zählt. Daher sind gezielte Maßnahmen nötig, um junge Menschen in politische Entscheidungen einzubeziehen und ihnen zu zeigen, dass sie gehört werden.
Mitgestalten heißt Identifikation
Wir kennen das aus unserem Alltag: Wer Projekte und Prozesse mitgestaltet – oder zumindest zum Thema befragt wurde – identifiziert sich mit ihnen. Er oder sie ist eher bereit, einen Weg mitzugehen und Herausforderungen anzunehmen. Für junge Menschen, die in ihrem Alltag viel Fremdbestimmung erfahren, gilt das besonders. Gerade für ihre politische und demokratische Bildung ist es daher ein entscheidender Baustein, durch erlebte Demokratie ihre Identifikation mit Projekten zu stärken und Selbstwirksamkeit zu erfahren.
Deutschland gehört zu den Unterzeichnern der UN-Kinderrechtskonvention und hat sich somit entschieden, das wichtigste internationale Menschenrechtsinstrumentarium für Kinder in nationales Recht umzuwandeln. Jugendbeteiligung ist also ein großes Thema, nicht nur in Schulen und Vereinen, sondern auch in der Politik.
Im Allgemeinen sind junge Menschen in sozialen Medien und Plattformen aktiver als ältere Bürger:innen. Sie engagieren sich jedoch weniger in Offline-Partizipationsprozessen wie Workshops oder Versammlungen. Digitale Beteiligung holt eure Zielgruppe also da ab, wo sie ist. Sie bietet darüber hinaus aber auch zeitliche und örtliche Flexibilität. Das heißt: Die Vereinbarkeit verschiedener Bedürfnisse, Schul- und Freizeitaktivitäten wird einfacher. Zudem ist Online-Partizipation oft inklusiver: Menschen mit Sprachbarrieren oder Menschen mit Behinderung kann es leichter fallen sich einzubringen und teilzuhaben, wenn sie dies digital tun können. Nicht zuletzt ist es online einfacher, Prozesse transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Transparenz wiederum schafft Vertrauen.
Sieben Grundregeln für Jugendbeteiligung
Digitale Beteiligung kann also helfen, junge Menschen besser in Prozesse einzubinden. Aber egal ob digital oder analog, die Anforderungen an Initiator:innen für eine gelungene Jugendbeteiligung sind die gleichen:
#1 Jugendliche frühzeitig einbinden
Du ersparst dir eine Menge Arbeit, wenn du junge Menschen frühzeitig in deine Planung mit einbindest. Es kann leicht passieren, dass du sonst an den Teilnehmenden und ihren Bedürfnissen vorbeiplanst.
#2 Partnerschaften eingehen
Schulen, Jugendclubs, (Sport-)Vereine: viele Institutionen freuen sich über Projekte, in denen junge Menschen beteiligt werden und Erfahrungen mit Politik und sozialen Themen sammeln. Wer sich zusammentut, verteilt den Prozess auf mehrere Schultern und erhöht seine Reichweite.
#3 Kommunikation auf Augenhöhe
Fachbegriffe, Abkürzungen und Fremdwörter sind Barrieren. Erkläre deine Vorgaben, Einschränkungen und Möglichkeiten anhand von lebensnahen Beispielen. Verzichte umgekehrt aber auch auf Jugendsprache. Du wirst durchschaut!
#4 Wieso, Weshalb, Warum
Junge Menschen wollen nicht nur wissen, wie sie sich beteiligen können, sondern warum. Warum ist dir ihre Meinung wichtig? Warum jetzt? Warum diskutieren nicht einfach alle im Messenger? In der Planung/Konzeption sollte auf jedes „Wie“ daher immer auch ein „Warum“ folgen.
#5 Safe Space
Ein geschützter Raum ist wichtig, um sich sicher zu fühlen. Wer keine Angst hat, entwickelt Platz für Gedanken und Gefühle und traut sich, auch mal eine Meinung zu ändern. Dazu gehört auch, streng auf Datensicherheit zu achten. Plattformen wie OPIN verpflichten sich dazu, personenbezogene Daten zu schützen.
#6 Beteiligung ist Beziehungsarbeit
Sprich von Anfang an klar über die zu erwartenden Ergebnisse. Je älter die Jugendlichen sind, desto mehr schlechte Erfahrungen haben sie mit leeren Versprechungen gemacht. Zeige auf, wer mit im Boot sitzt, welche Entscheidungsträger:innen es zu überzeugen gilt und wer bereit ist, das Projekt zu unterstützen. Sei ehrlich, wenn du etwas nicht weißt oder noch auf Antworten wartest.
#7 Zeit
Jugendbeteiligungsprojekte brauchen Zeit. Neben Schule und außerschulischen Verpflichtungen ist oft nicht mehr viel Platz für zusätzliches Engagement. Auch ein kurzer Beteiligungsprozess kann sich so schon mal ein paar Wochen in die Länge ziehen. Überlege dir, wie sich die Zeiten dazwischen überbrücken lassen, damit das Ziel nicht aus den Augen verloren wird.
Plattformen für digitale Jugendbeteiligung
Liquid Democracy hat zwei kostenfreie Beteiligungsplattformen entwickelt: OPIN.me und adhocracy.plus. Beide punkten durch intuitive Anwendung und legen besonderen Wert auf Sicherheit und Datensparsamkeit. Mit unterschiedlichen Modulen können zum Beispiel kurze Meinungsabfragen, Ideen, Texte und Thesen gesammelt, diskutiert und bewertet werden. Für Initiator:innen ist es einfach, Projekte aufzusetzen und die laufenden Diskurse zu moderieren. Durch den Registrierungsprozess werden zum Beispiel Trolle häufig abgeschreckt, auch deshalb sind Hatespeech und übergriffige Diskussionen hier wesentlich seltener als in sozialen Medien zu finden. Es ist außerdem möglich, private Projekte zu initiieren, zu denen die Teilnehmenden direkt eingeladen werden.
So wichtig die richtige Software ist, so entscheidend ist am Ende, dass junge Menschen, die sich beteiligen, ein gutes Gefühl in Bezug auf den Prozess haben. Teilnehmende, die sich als selbstwirksam erleben, erreichst du unter anderem, wenn sie das Thema verstanden und Vertrauen in dich haben. Jugendliche haben eine Meinung und wollen diese durchaus teilen, also gib ihm!
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Und so geht es weiter
Im nächsten und letzten Teil der Serie zu digitaler Beteiligung geht es um „Live-Kommunikation und digital verbinden – konstruktive Diskussionen digital fördern“. Alle weiteren Beiträge der Reihe kannst du bereits hier nachlesen