Wie du als Moderator:in für digitale Nähe sorgst – Teil 1: Körper, Stimme & Energie

Nach anfänglicher Begeisterung für digitale Events machte sich bei vielen von uns im Laufe der Pandemie eine gewisse Müdigkeit breit: die sogenannte Zoomfatigue. Doch das muss nicht so sein! Gute Moderator:innen können dafür sorgen, dass wir auch im digitalen Raum menschlich und nah miteinander arbeiten können. Mit diesen Tipps und Tricks werdet ihr die nächste virtuelle Veranstaltung besser moderieren.

Eine Person sitzt lächelnd vor einem mit Stickern beklebten Laptop mit Kopfhörern im Ohr.

Fotocredit: Marcel Hasübert | openTransfer.de

Werft nochmal einen Blick auf eure Kameraeinstellung

Wir alle haben in den vergangenen Monaten der Pandemie gelernt, dass eine Kamera immer auf Augenhöhe stehen sollte, wenn wir digital kommunizieren und moderieren. Das sorgt nicht nur für weniger Nackenschmerzen und für ein schöneres Bild (Wer guckt anderen schon gerne von unten in die Nase?), sondern verhindert auch, dass innerhalb des Dialogs Hierarchien entstehen. Die Kameraeinstellung kann aber noch mehr!

Die Kamera sollte so eingestellt sein, dass euer Scheitel fast den oberen Bildschirmrand berührt. Das sorgt dafür, dass die Zuschauenden mehr als nur euer Gesicht und eure Schultern sehen. Ihr sprecht freier, könnt eure Arme und Hände verwenden und alles Gesprochene unterstreichen. Außerdem wirkt ihr entspannter und das überträgt sich schließlich auf das gesamte Event. Und ein schöner Nebeneffekt entsteht: Durch die entspannte Haltung wird die Moderation gleich viel weniger anstrengend.

Rückt euch ins rechte Licht

Auch wissen wir mittlerweile, dass die Lichtquelle vor und nicht hinter uns stehen sollte. Aber habt ihr euch in der Kamera schon mal ganz genau angesehen? Wie gut ist eure Lichtquelle wirklich?

Viele von uns erschrecken, wenn das Licht zu gut ist – dann sieht man nämlich plötzlich jeden Pickel, jede Falte und jede Pore. Aber glaubt mir: Wenn ihr das alles seht, dann ist es genau richtig. Dank der Übertragung, unterschiedlicher Bildschirmqualität und kleinen Kacheln werden die Zuschauenden euch viel weniger detailliert sehen. Das richtige Licht sorgt aber dafür, dass man eure Mimik bestmöglich wahrnehmen kann.

Bringt die Energie mit, die ihr euch wünscht

Als Moderator:in arbeitet ihr mit eurem Körper. Die Menschen hören euch zu und sehen euch an. Ihr seid dafür verantwortlich, Gespräche zu leiten, für gute Stimmung zu sorgen und den Zuhörenden während der Veranstaltung Orientierung zu geben. Dafür braucht es Training – und dann klappt das ganz leicht.

Digital zu moderieren ist dabei anstrengender als in Präsenz. Egal wie gut die Kamera, das Mikro und das Licht im (Home-)Studio sind – als Moderator:in hat man nie kompletten Einfluss darauf, wie die Übertragung bei den Zuhörenden und Teilnehmenden ankommt. Ihr solltet immer davon ausgehen, dass der Ton oder das Bild verzögert dargestellt werden. Deshalb ist es wichtig, ganz besonders viel Energie, Kraft und Stimmung in die Gespräche hinein zu geben. Doch wie gelingt das?

Eine Person sitzt/liegt im Sofa heruntergerutscht vor ihrem Laptop - sicher kein:e Online-Moderator:in
So wird das vermutlich nichts mit einer energetischen Moderation…
Photo by Steinar Engeland on Unsplash

Wenn wir uns im analogen Raum mit anderen Menschen treffen, merken wir oft sehr schnell, ob sie gut drauf sind oder nicht. Wir sind es gewohnt, das Energielevel unserer Gegenüber einschätzen zu können. Das ist im digitalen Raum schwieriger, aber für eine gelungene Moderation sehr wichtig. Natürlich kann man die Stimmung und Laune der Teilnehmenden abfragen (etwa in Form von Check-In-Fragen). Meine Erfahrung zeigt aber, dass es am wirksamsten ist, die gute Stimmung und Energie als Moderator:in selbst mitzubringen und das Publikum damit anzustecken. Das ist aber gar nicht so leicht:

Wenn ihr in Präsenz als Moderator:in 100 Prozent gebt, dann müsst ihr im digitalen Raum mindestens 150 Prozent geben. Wer gerne verschmitzt lächelt, muss hier strahlen. Wer gerne unauffällig nickt, sollte sich hier ein freundliches, deutliches „Ja, genau!“ angewöhnen. Wenn der oder die Moderator:in das Energielevel hebt, dann überträgt sich dies auch auf die Teilnehmenden.

Bringt euch vorher in Stimmung

Das ist natürlich leichter gesagt als getan, denn wir sind alle nur Menschen und bringen auch nicht jeden Tag die geballte Energie mit. Wer also am Montagmorgen um 9 Uhr Schwierigkeiten hat, in Schwung zu kommen, sollte sich die letzten 30 Minuten vor einer Moderation genau dafür Zeit nehmen: Erstellt euch eine Playlist mit Songs, die euch
garantiert gute Laune, Selbstvertrauen und Lust auf den Tag machen. Bewegt euren Körper – dabei ist es egal, ob ihr Typ Yoga, Fitness, Tanz oder einfach nur Ausschütteln seid.

Macht euch Gedanken: Welche Stimmung wollt ihr dem digitalen Publikum heute mitgeben? Moderiert ihr etwa eine Veranstaltung rund um das Thema Engagement, dann wollt ihr vielleicht Mut machen, Inspirieren und Visionen schaffen. Verinnerlicht das und denkt im Laufe der Veranstaltung immer wieder daran zurück.

Arbeitet an eurer Stimme und Sprache

Regelmäßig höre ich von Menschen, die durch häufige Video-Calls Stimmprobleme bekommen. Das liegt daran, dass wir am Telefon oder Computer oft lauter sprechen und in Stresssituationen darüber hinaus eine Stimmlage hochgehen. Das ermüdet unsere Stimmbänder auf die Dauer. Mein Tipp deshalb: Redet nicht lauter, sondern deutlicher. Und
bleibt in eurer optimalen Stimmlage. Aber wie? Mit diesen zwei Übungen werdet ihr langfristig eure Stimme schonen:

Glühbirne

Übung 1: Das Hm

Stellt euch vor, ihr telefoniert mit eurem Onkel/ Oma/ Bruder/ Mama. Die Person am anderen Ende der Leitung redet und redet, ihr macht nebenher schon andere Dinge
und antwortet nur noch alle 30 Sekunden mit „Hm“. Das „Hm“, das ihr dabei macht, liegt normalerweise genau in der Stimmlage, die für eure Stimmbänder am angenehmsten ist. Klingt ein bisschen tief? Dann ist es wahrscheinlich genau richtig, denn wir sprechen oft ein wenig zu hoch.

Übung 2: Der Korken

Schnappt euch einen Korken und steckt ihn euch zwischen die Vorderzähne. Und jetzt sprecht ihr einfach mal den Text, den ihr auch in der Moderation sprechen würdet. Aber bitte so, dass er verständlich ist. Das ist gar nicht so leicht. Wenn ihr das einige Minuten macht, werdet ihr danach automatisch deutlicher sprechen. Und wer es regelmäßig macht, kann damit seine Artikulation signifikant verbessern.


Nutzt euren Körper, eure Mimik und Gestik

Die innere Stimmung passt? Ihr habt alle Tipps umgesetzt? Dann gilt es nun, diese Stimmung auf den Körper zu übertragen und auch im digitalen Raum sichtbar zu machen. Ich empfehle bei kürzeren Veranstaltungen immer, im Stehen zu moderieren. Das hat verschiedene Vorteile: Ihr könnt entspannter sprechen, da euer Bauch frei ist. Die Atmung fällt leichter, die Stimme pendelt sich eher in der optimalen Stimmhöhe ein. Außerdem steht ihr dann bestenfalls mit beiden Füßen fest auf dem Boden, das verleiht euch mehr Selbstbewusstsein und sorgt dafür, dass das Gesagte besser wahrgenommen wird. Durch den freien Oberkörper gestikuliert ihr auch entspannter.

Die Gestik wird im digitalen Raum gerne unterschätzt. Dabei ist sie so wichtig, um wirklich gut verstanden zu werden. Hier ist es übrigens ähnlich wie bei der Energie: Schlagt auf eure normale Gestikulation gerne nochmal eine Schippe drauf. Was euch vielleicht zunächst albern vorkommt, wird auf der anderen Seite des Bildschirms als ganz normal
wahrgenommen. Vergesst nicht, dass die Zuschauenden euch nur in einer kleinen Kachel sehen und froh über jegliche Kommunikation sind, die über die Distanz bei ihnen ankommt.

Auch bei der Mimik solltet ihr euch angewöhnen, vor der Webcam mehr zu geben als in Präsenzveranstaltungen. Nutzt eure Augenbrauchen beim Sprechen. Strahlt, statt zu lächeln und runzelt deutlich die Stirn, statt nur zögerlich die Augen zu verkleinern, wenn ihr Verwunderung zeigen möchtet. Vergesst nicht, dass nur ein Bruchteil dessen, was ihr in die Kamera rein gebt, auch beim Publikum ankommt.

Das klingt nach ziemlich viel Vorbereitung? Nur anfänglich! Mit der Zeit wird das für euch ganz natürlich sein. Ihr werdet eine stärkere Stimme haben, klarer vor der Kamera sprechen und menschlicher und entspannter als Moderator:in auftreten. Und das wird sich auf eure virtuellen Veranstaltungen übertragen. In Teil 2 der Serie sprechen wir kommende Woche über gute Strukturen für eure digitale Moderation.

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