Mehr als Kontaktverwaltung – Wie CRM-Tools Non-Profits unterstützen können

Seit einer Weile geistert der Begriff CRM durch gemeinnützige Organisationen. Ausgerechnet ein Tool aus der Unternehmenswelt soll Non-Profits bei ihrer Arbeit unterstützen können? Oh ja, aber die Umstellung auf ein CRM ist ein digitales
Abenteuer. Unser Auftakt zu einer neuen CRM-Serie.

in zwei Reihen liegen Buchstabenwürfel auf einem Blatt Papier. Sie bilden die Worte CRM Wissen

Wir brauchen externe Unterstützung. Zu diesem Ergebnis kam die CRM-Task Force der Stiftung Bürgermut nach ihren ersten Treffen. Einige Mitarbeiter:innen der Stiftung hatten sich Anfang 2020 zusammengetan, um ein passendes Tool für die Verwaltung der Kontakte und die Automatisierung von Prozessen zu finden. Anstelle einer zentralen Kontaktverwaltung, arbeitete bisher jedes Projekt mit eigenen Kontaktlisten. „Es gab in der Stiftung schon länger ein kollektives Bewusstsein, dass das nicht optimal ist“, erzählt Johannes, Projektkoordinator bei D3 – so geht digital und Mitglied der Task Force. „Als das Team und die Zielgruppen der Stiftung wuchsen, wurde das Thema CRM drängender.“

Denn Listen und verschiedene Einzelprogramme sind schlicht nicht übersichtlich, nicht immer aktuell und nicht für alle zugänglich. Ein CRM könnte Doppelanfragen und E-Mails in zweifacher Ausführung verhindern, es könnte die Referent:innensuche erleichtern und helfen, die Zielgruppe besser zu verstehen und Datenabfragen zu erleichtern, so die Hoffnung in der Stiftung. „Bald merkten wir jedoch, dass uns die Zeit fehlte, die das Thema CRM auch in der methodischen Vorbereitung unserer Treffen erforderte“, sagt Johannes zurückblickend.

Wie herausfordernd es ist, ein passendes CRM zu finden und zu implementieren, das ist eine Erfahrung, die viele Organisationen in letzter Zeit machen. Die Suche nach einem geeigneten Tool führte beispielsweise die Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-Vorpommern in einen umfassenderen Digitalisierungsprozess.

Warum Non-Profits keine Datenbank, sondern ein CRM brauchen

Foto: Gregor Nilsson erklärt CRM

Dass es für Organisationen nicht so einfach ist, dahinterzusteigen, was ein CRM genau ist, wofür und wie es genutzt werden kann, weiß auch Gregor Nilsson. Er ist Partner bei getunik, einer Agentur für digitales Fundraising. Seit Herbst 2020 unterstützt er die Stiftung Bürgermut. „In Deutschland“, sagt er, „spiegelt der häufig verwendete Begriff Datenbank das Verständnis vieler Non-Profits wieder“. Oder vielmehr ihr begriffliches und inhaltliches Missverständnis.

Die Abkürzung CRM steht für Customer Relationship Management. Damit können sich viele gemeinnützige Organisationen nicht identifizieren und denken daher, ein CRM sei nichts für sie. Zudem wissen viele Organisationen nicht, was alles möglich wird, sobald Kontaktdaten zentral verwaltet werden. Ein CRM, das lernt man im Gespräch mit Gregor, stellt manches Denken auf den Kopf. „Es ist ein System, mit dem man Beziehungen pflegen kann. Es ist viel mehr als eine Datenbank“, sagt er und erzählt, was das genau bedeutet.

Das kann ein CRM

Ein CRM ermöglicht eine umfassende Dokumentation relevanter Informationen zu den einzelnen Kontakten. Neben Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse kann in einem CRM vermerkt werden, wie der Kontakt entstanden ist. Welche Rolle jemand hat, ob die Person etwa ehrenamtlich oder hauptamtlich arbeitet, Spender:in, Journalist:in, Referent:in ist. An welchen Veranstaltungen sie teilgenommen, welche Beratungs- oder Weiterbildungsangebote sie genutzt oder welche Förderung sie wann erhalten hat. Ob sie den Newsletter abonniert hat oder wie und unter welchen Umständen sie kontaktiert werden möchte. Aus all diesen Informationen kann man hilfreiche Listen generieren und zum Beispiel mit wenigen Klicks erfassen, wie viele Menschen man im Jahr X mit den Veranstaltungen erreicht hat, oder wie viele Projekte gefördert wurden.

Zudem hilft ein CRM, gezielter mit den Zielgruppen zu kommunizieren. Im Fundraising beispielsweise kann es hilfreich sein zu wissen, ob jemand eher spendet, wenn sie oder er per E-Mail oder per Brief kontaktiert wird. Oder ob jemand sich ehrenamtlich einbringt, aber nicht spenden kann oder möchte. Darüber hinaus bietet ein CRM Möglichkeiten, Prozesse zu automatisieren. Etwa von der Versendung einer Einladung zu einer Veranstaltung über den Reminder, die Onlineanmeldung und Registrierung, den Versand der Eventinfos bis zur Feedback-E-Mail nach der Veranstaltung. Im Idealfall werden weitere Infos, ob jemand zum Event erschienen ist oder wie das Feedback ausgefallen ist, automatisch erfasst und ins CRM eingespeist.

Da ein CRM auch mit anderen Tools aus dem Projekt- oder Eventmanagement oder der Finanzbuchhaltung verknüpft werden kann, wird es für Organisationen schnell zu einem zentralen Knotenpunkt – und das hat weitreichende Folgen für die Prozesse in einer Organisation.

Use-Cases vs. Tools: Grundlagen legen

Darum ist die Umstellung auf CRM „mehr ein organisatorisches als ein technisches Projekt“, sagt Gregor. Das hat auch die Task Force der Stiftung Bürgermut gemerkt. Zwar hatte das Team in seinen Treffen erste Use-Cases zusammengetragen, dann aber recht bald begonnen, Tools zu recherchieren. Für Gregor ist das auch logisch. „Als Laie überblickt man nicht alle möglichen Use-Cases und wie ein CRM über das Bekannte hinaus unterstützen könnte.“

In den ersten, von Gregor moderierten Workshops bei der Stiftung Bürgermut wurden daher alle möglichen Anwendungsfälle aus allen Projekten und Bereichen zusammengetragen und priorisiert. „Dabei haben wir reflektiert, wie wir arbeiten, und herausgefunden, wie Prozesse
unterstützt durch Technik anders laufen könnten und was das CRM alles können soll“, sagt Johannes. Er war überrascht zu sehen, wie stark viele Prozesse in der Stiftung voneinander abhängig sind. „Es ist wichtig, dass an diesem Schritt wirklich alle Bereiche einer Organisation beteiligt sind“, sagt Gregor. „Denn ein CRM funktioniert nur, wenn wirklich alle mit dem Tool
arbeiten.“

Ein CRM verändert die Organisation und ihre Arbeitsweise

„Für eine Organisation, die mit einem CRM arbeiten will, ist es extrem wichtig, das Silodenken hinter sich zu lassen“, sagt er. Ein CRM bedeutet, nicht mehr in „einzelnen Maßnahmen oder Kategorien wie Spender:innen oder Ehrenamtlichen zu denken“. Das macht auch Sinn, denn jemand der sich ehrenamtlich engagiert kann zugleich Spender:in sein. Und jemand, dessen Projekt gefördert wurde, kann zugleich ein:e interessante Referent:in sein.

Damit ein CRM rund läuft, ist zudem wichtig, dass alle in der Organisation ein Verständnis dafür haben, wie die anderen arbeiten und warum bestimmte Informationen relevant sind. Gregor erzählt ein Beispiel:
In einer Organisation klickten die Telefonberater:innen aus Zeitdruck häufig das Feld Sonstige Gründe an, wenn sich Spender:innen abmeldeten. Für die Mitarbeiter:innen, die für die Bindung der Spender:innen sorgen wollten, war das wenig hilfreich. Ein Konflikt entstand. Als die Telefonberater:innen verstanden, wie die Daten später genutzt werden, nahmen sie die anderen neun Auswahlfelder ernster.

Der große Knackpunkt, darauf verweist Gregor immer wieder, ist die korrekte Datenpflege – und die ist mitunter aufwendig. Es reicht nicht, jemanden von der ausgedruckten Liste zu streichen, der die Teilnahme an einer Veranstaltung abgesagt hat. Damit später die Auswertung funktioniert oder die richtigen Personen kontaktiert werden, muss die Absage auch im CRM vermerkt werden. Mit dem Tool verändern sich viele Prozesse und liebgewonnene Arbeitsroutinen werden durch neue ersetzt.

Das passende CRM finden und implementieren

Zu 98 % stellen Non-Profits die gleichen Anforderungen an die Funktionalität wie Unternehmen. „Viele der gängigen CRM-Tools sind erweiterbar und auch für gemeinnützige Organisationen geeignet“, sagt Gregor. Eine Suche nach dem im NPO-Kontext umhergeisternden Begriff „Constituent Relationship Management“ sei nicht nötig.

Auf der Suche nach dem richtigen Tool kann für Non-Profits Kommunikation zu einer Hürde werden. IT-Dienstleister und Organisation sprechen mitunter sehr unterschiedliche Sprachen.

Als Louisa Mühlenberg von der Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-Vorpommern mit ihrem IT-Partner über die Toolsuche sprach, hatte sie das Gefühl überhaupt nicht verstanden zu werden.

Der Dienstleister arbeitete häufig mit Industrieunternehmen. Es gelang ihm nicht, die ihm bekannten Use-Cases für die Anwendungsfälle in der Stiftung zu übersetzen.

Wenn eine Organisation ihre Anforderungen kennt, kann die Recherche nach dem richtigen Tool beginnen. Es gibt viele Lösungen die sich häufig nur marginal unterscheiden. Vielleicht macht das die Entscheidung für ein Tool so schwierig. Grundlegend müssen Non-Profits sich entscheiden, ob sie auf einen CRM-Anbieter oder eine All-in-one-Lösung, ein CRM mit passenden weiteren Tools zurückgreifen. Oft werden bei Letzterem die Daten in einer Cloud gespeichert. „Eine All-in-one-Lösung ist nicht zwingend erforderlich“, sagt Gregor. Wichtig sei nur, auf die Schnittstellen zu anderen Tools, zum Beispiel denen, die eine Organisation bereits nutzt, zu achten. Schnittstellen sollten unbedingt vorhanden sein.

Die Implementierung und Umstellung auf ein CRM-Tool ist noch einmal ein Abenteuer für sich. Schlüsselfertig kommt kein CRM daher. Anpassungen müssen programmiert und Daten für die Datenmigration aufbereitet und formatiert werden. So weit ist die Stiftung Bürgermut noch nicht. Bis zur Entscheidung für ein Tool liegen noch ein paar Schritte. Allein muss die Task-Force diesen Weg aber nun nicht mehr gehen.

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