Foto: Claudia Höhne / D3 – so geht digital
Als Moderator:in spreche ich gerne von dem Anspruchsdreieck: Ich werde von Auftraggeber:innen gebucht, die mich vorher briefen und mir erzählen, was für Hoffnungen in die Veranstaltungen gesetzt werden und wie sie bestenfalls ablaufen sollte. Dann treffe ich auf Referent:innen oder Podiumsgäste, die ihrerseits einen gewissen Anspruch an das Event und die Inhalte haben. Und dann gibt es noch das Publikum, das sich etwas von der Veranstaltung erhofft. Interessanterweise decken sich die Ansprüche oft nicht. Als Moderator:in muss man hier also die Balance und den gemeinsamen Nenner finden. Hybride Veranstaltungen heben diese Herausforderung nochmal auf ein anderes Level, denn das Publikum und die Teilnehmenden werden nochmal geteilt: Es gibt digital zugeschaltete und vor Ort anwesende Menschen.
Vorteile hybrider Events
Viele Vorteile hybrider Events liegen auf der Hand: Mehr Menschen können an den Veranstaltungen teilnehmen, weil sie ortsunabhängig sind. Außerdem können Aufnahmen langfristig genutzt (Achtung – hier vorher die Rechte an dem Bildmaterial klären!) und Kosten eingespart werden, da die Veranstaltungsräume kleiner sind. Trotzdem wird nicht
gänzlich auf das menschliche Zusammenkommen verzichtet.
Zudem können hybrid geplante Events auch relativ unkompliziert komplett digital ausgeführt werden. Und in Zeiten der Pandemie wissen wir mittlerweile wohl alle, dass diese Flexibilität einen großen Mehrwert bietet. Doch es gibt noch einen anderen wichtigen positiven Aspekt hybrider Veranstaltungen: Interaktive Methoden werden oft besser umgesetzt. So sehe ich, dass Umfragemethoden, etwa mit Mentimeter, plötzlich vielmehr genutzt werden. So können die Menschen vor Ort über das Handy genauso abstimmen wie die Menschen, die am Computer sitzen und zugeschaltet sind. Und plötzlich werden aus langweiligen Input-Veranstaltungen interaktive Events. Das wäre natürlich auch vorher schon möglich gewesen, wurde aber selten umgesetzt.
Foto: Marcel Hasübert | openTransfer.de (CC by nc)
Hybrides Publikum
Meist laufen hybride Veranstaltungen so ab, dass eigentlich nur das Publikum teilweise digital zugeschaltet ist. Die Referent:innen sind oftmals vor Ort. Als Moderatorin habe ich in dem Fall ein Tablet dabei, um den Kontakt zum digitalen Teil des Publikums zu halten. Wenn ich also eine Podiumsdiskussion leite, dann muss ich auf die Diskutierenden achten, nach Wortmeldungen aus dem Publikum vor Ort sehen und stets einen Blick auf den Chat haben. Das ist sehr intensiv und erfordert Übung.
Es kann hilfreich sein, ein redaktionelles Team zur Unterstützung beizuziehen. Dieses achtet dann auf Fragen und Kommentare im Chat und leitet mir nur die relevanten Fragen und Kommentare in geclusterter Form weiter. Dafür nutze ich dann gerne ein kollaboratives Tool wie GoogleDrive oder ein Etherpad. Das ist vor allem wichtig, wenn absehbar ist, dass der Chat auch zur Vernetzung genutzt wird. Denn das 20. „Guten Morgen aus Düsseldorf, ich freue mich auf den Tag!“, verhindert, dass die Moderation die wichtigen Fragen gut wahrnehmen kann.
Hybrides Podium
Manchmal ist aber nicht nur das Publikum hybrid zugeschaltet, sondern auch die Referent:innen sind nur teilweise vor Ort. Auch das ist dank guter Studiotechnik heute kein Problem mehr. In den vergangenen Wochen habe ich mehrfach Panels moderiert, bei denen einige Teilnehmende einfach per Videocall über Bildschirme zugeschaltet wurden.
In diesem Fall ist es zentral, dass die Übertragung reibungslos verläuft und Bild sowie Ton flüssig ankommen. Im Fall, dass mehrere Menschen zugeschaltet werden, ist es sinnvoll, dass sie jeweils einen eigenen Bildschirm bekommen und nicht zwischen den Videos hin- und hergeswitcht wird. Denn um eine Diskussion wirklich gut zu moderieren, sollte die
Moderation stets alle Teilnehmenden gut sehen können, um auch Gestik und Mimik als kommunikative Signale wahrnehmen zu können.
Technische Vorbereitung einer hybriden Moderation
Bestenfalls kümmert sich ein versiertes Team um die Technik der Veranstaltung. Diese ist gerade im hybriden Setting wahnsinnig wichtig. Denn wenn 80 Menschen in einem Raum warten müssen, weil das Internet eines zugeschalteten Referenten stottert, dann kann es gar nicht zu einem gelungenen Austausch kommen. Hochwertige Kameras vor Ort sind genauso wichtig wie die Ausstattung der zugeschalteten Menschen – die Technik ist das A&O.
Ich habe in den vergangenen Monaten leider oft die Erfahrung gemacht, dass Referent:innen meinten, sie müssten zu einer technischen Generalprobe im digitalen Raum nicht erscheinen, weil sie ja technisch bereits sehr versiert seien. Als Moderatorin bestehe ich mittlerweile (wieder) darauf und sehe es als Teil des Briefings. Zu oft erlebte ich böse Überraschungen, weil Bild und Ton nicht ordentlich übertragen wurden.
Verwendung des Körpers
Im hybriden Setting gilt es, den Menschen vor Ort und den zugeschalteten Menschen gleichermaßen gerecht zu werden. Es reicht also nicht, nur in die Kamera zu gucken, auch das Publikum im Raum muss stets bedacht werden – gerade, wenn Interaktion gewünscht ist. Mit ein bisschen Übung ist das aber kein Kunstwerk.
Für die Verwendung von Gestik, Mimik und Sprache müssen Moderator:innen im hybriden Raum einen Mittelweg finden. Mein Tipp ist jedoch, sich auch im hybriden Setting an den Tipps für die digitale Moderation zu orientieren. Denn im Zweifel sind es eher die zugeschalteten Menschen, die Verständnisprobleme haben. Und meine Moderationsdevise ist stets, möglichst alle Menschen zu erreichen und mitzunehmen. Das bedeutet: Nutzt Gestik und Mimik verstärkt und unterstreicht damit das gesprochene Wort. Sprecht deutlicher und gebt 150 Prozent eurer Energie – mindestens.
Inhaltliche Vorbereitung einer hybriden Moderation
Zudem ist es wichtig, dass die Referent:innen über den technischen Ablauf gut informiert werden. Ich erkläre in den Briefinggesprächen vorher ganz genau, wie und wer zugeschaltet wird und inwiefern Kontakt mit dem Publikum hergestellt wird. Dabei gilt es auch zu klären, ob die Referent:innen Fragen aus dem Chat selbstständig aufnehmen können, oder ob diese ihnen von der Moderation zugespielt werden. Oftmals geht es nur darum, allen Beteiligten
Mut zu machen. Denn hybride Settings sind für viele Menschen noch sehr neu und aufregender als klassische Präsenz-Veranstaltungen.
Die inhaltliche Vorbereitung unterscheidet sich aber ansonsten nicht von der klassischen Moderationsvorbereitung. Wenn ihr nach Tipps zur Planung einer Podiumsdiskussion sucht, schaut mal hier vorbei. Die Rolle der Moderation ist auch hier, eine gute Atmosphäre zu schaffen, Orientierung zu geben und die Menschen entspannt zum Reden zu bringen. Wer das digital und in Präsenz beherrscht, der oder die wird auch in hybriden Formaten kein Problem damit haben. Wie so oft ist das, was neu ist, erstmal aufregend.
Hybride Veranstaltungen bieten einen großen Mehrwert und sind die Zukunft. Wenn die Technik gut läuft und ihr euch mit allen Beteiligten intensiv absprecht, dann wird die Moderation ganz ähnlich verlaufen wie bei einer klassischen Veranstaltungen – digital oder in Präsenz. Und wenn zwischendurch Dinge schieflaufen, ist das auch kein Beinbruch, sondern menschlich. Und genau diese Menschlichkeit wollen wir doch erreichen, oder?
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