Von Quick Wins und viel Geduld – das Logbuch Digitalstrategie der Braunschweigischen Stiftung

Eine Stiftung für die Kommunikation auf digitalen Kanälen zu öffnen, kann weitreichende Folgen haben. Diese Erfahrung haben Friedemann Schnur und Insa Heinemann von der Braunschweigischen Stiftung gemacht. Wie man gemeinsam in einem zwölfköpfigen Team planvoll eine Digitalstrategie entwickelt und umsetzt, davon haben die beiden uns erzählt.

Friedemann Schnur und Insa Heinemann stehen auf der Bühne des D3 Community Events 2020. Im Hintergrund die Präsentation ihrer Digitalstrategie

Soll die Braunschweigische Stiftung in den digitalen Medien Präsenz zeigen? Und warum? Diese Fragen standen 2016 auf unserer Agenda, als wir begannen, eine Strategie für die  digitale Kommunikation der Stiftung zu entwickeln. Schnell wurde uns klar: Das Thema Digitalisierung geht weit über die Kommunikation hinaus. Denn, wenn wir in den sozialen Medien unterwegs sind, sollten wir nicht nur wissen, was wir wann kommunizieren.

Wir sollten auch wissen, wie wir zum Beispiel mit Kritik oder Anfeindungen umgehen. Wie weit die Befugnisse der Geschäftsstelle gehen. Wer Zugang zu welchen Informationen hat oder wie schnell und eigenmächtig wir kommunizieren dürfen. Und auch, wer was macht. Diese Überlegungen berührten die Rolle, Haltung und Arbeitsweise der gesamten  Organisation.

Wir kamen zu der Erkenntnis:
Die Braunschweigische Stiftung braucht eine digitale Strategie. Die digitale Kommunikation konnte nur ein erster Schritt sein. Für den wollten wir uns aber Zeit lassen.  

Vorbereitung  

Im Frühjahr 2018 waren wir mit unserer Kommunikation auf einem guten Weg. Vor dem nächsten Schritt, mit der gesamten Organisation in einen Veränderungsprozess zu gehen, hatten wir Respekt. Wir waren motiviert und sicher, dass Veränderung notwendig ist. Gleichzeitig wussten wir nicht genau, wie viel Veränderungsresistenz wir in unserer Organisation vorfinden würden.  

Auf dem Deutschen Stiftungstag 2018 trafen wir das Beratungsunternehmen Wider Sense. In dessen Vortrag zur digitalen Transformation gemeinnütziger Organisationen fanden wir uns wieder. Auch uns war es wichtig, alle Kolleg:innen mitzunehmen und den Prozess partizipativ zu gestalten. Wir hatten unseren Sparringspartner gefunden.  

Die Expedition beginnt  

Der Aufschlag mit Wider Sense begann im Januar 2019 mit einem intensiven Tagesworkshop. Wir analysierten den Ist-Zustand, trugen alle Stakeholder zusammen, sprachen über die Vision, definierten die Ziele und stimmten das Vorgehen und die Stationen ab. Mit vielen Informationen und Aufgaben fuhren wir zurück nach Braunschweig. Eine Erkenntnis aus diesem Tag: Es ist wichtig, im Prozess wirklich alle Akteure wie Projektpartner:innen und Gremien mitzudenken.  

Monat 3 – 4 | Frühling 2019  

Im Frühjahr trugen wir das Vorhaben in unser Team, das aus digital affinen Kolleg:innen und digitalen Anfänger:innen besteht. Es war uns sehr wichtig, dass alle in den Veränderungen einen Mehrwert sehen können. Wir stießen auf Offenheit und Skepsis. Seitdem begleitet uns das Thema in unseren Jour Fixes. Wir bemühen uns, den Prozess transparent und offen zu gestalten. Wir wollen niemanden vergessen und die unterschiedlichen digitalen Kompetenzen berücksichtigen.  

Friedemann Schnur und Insa Heinemann stehen auf der Bühne des D3 Community Events 2020 mit dem Rücken zum Publikum, sie machen ein Selfie. Im Hintergrund die Präsentation ihrer Digitalstrategie
Friedemann Schnur und Insa Heinemann stellten beim D3-Community Event 2019 die ersten Schritte auf dem Weg zu ihrer Digitalstrategie vor: Für die Kommunikation durfte ein Selfie natürlich nicht fehlen. Foto: Andi Weiland/ D3 – so geht digital.

Monat 5 – 7 | Sommer 2019  

Was funktioniert gut? Was nicht? Um das herauszufinden, führte Wider Sense mit allen Mitarbeiter:innen Interviews zu den individuellen Bedarfen. Es war sehr hilfreich, dass jede:r gehört wurde und alle Erfahrungen und Sichtweisen ungefiltert aufgenommen wurden. Beim anschließenden Clustern und Priorisieren der Informationen wurden gemeinsame Nenner sichtbar.  

9. Monat | September 2019  

Die Ergebnisse stellten wir im Team vor und entwickelten daraus Quick Wins und Long Stories. Hinter den Quick Wins verbergen sich überschaubare Projekte, die vom Team  bearbeitet werden können. Eine Projektgruppe begann zum Beispiel, einen geeigneten Passwortmanager für die Stiftung zu recherchieren. Eine andere fand eine Lösung, damit wir auch ortsunabhängig auf unsere Dokumente zugreifen können.  

Das Team auf diese Art einzubinden, hat super funktioniert und alle motiviert. Ungefähr zeitgleich entwickelten wir im Team unsere User Stories. Alle wurden gefragt: Wie möchtest du idealerweise arbeiten? Was brauchst du? So sind wir weiteren Quick Wins und Long Stories auf die Spur gekommen. Zu sehen, was uns den Arbeitsalltag erleichtern würde, hat uns gut getan.  

Die Long Stories sind größere Projekte. Unser Hauptziel wurde es, ein Tool zu finden und  zu implementieren, das unsere Kontakt- und Adressverwaltung, unser Projektmanagement und unsere Buchhaltung miteinander verzahnt. In Zukunft wollen wir nicht mehr in drei  Programmen Daten wie die Kontoverbindung eines Projektpartners anlegen und  aktualisieren müssen.  

12. Monat | Dezember 2019  

Inzwischen hatten wir einige Quick Wins umgesetzt. Es war toll, erste Ergebnisse zu  sehen. Denn die theoretischen Ebene, auf der wir bisher viel gearbeitet hatten, war manchmal eine Herausforderung. Dass es tatsächlich sinnvoll ist, alle Tools, die wir nutzen, und möglichen Schnittstellen aufzulisten, haben wir erst später im Prozess gemerkt. Die Check-Ins mit Wider Sense werden uns auch im zweiten Jahr begleiten. Regelmäßig mit den Berater:innen die nächsten Schritte besprechen zu können, ist sehr hilfreich. Insgesamt haben wir gemerkt, dass der Prozess wirklich viel Zeit beansprucht. Eine Digitalstrategie neben dem Tagesgeschäft zu erarbeiten, wirklich alle mitzunehmen, ist bereichernd und mühsam zugleich.  

Monat 14-16 | Winter/Frühling 2020

Anfang des Jahres legten wir eine Sprintphase ein. Was muss das neue Tool mitbringen? Die Kriterien dafür aufzustellen, war extrem arbeitsintensiv und detailreich. Die Corona-Pandemie brachte unser Tagesgeschäft für einige Wochen zum Ruhen. Unsere Digitalstrategie und warum wir das machen, war nun kein Legitimationsthema mehr. Wir  nutzten die Zeit, testeten Demo-Versionen, recherchierten Daten, Fakten, Kosten.  

21. Monat | Herbst 2020  

Lange konnten wir es kaum erwarten. Nun haben wir ein Tool ins Auge gefasst. Wie wird uns die Umsetzung gelingen? Welche Aufgaben kommen nun auf uns zu? Was braucht der Hersteller? Wird die Datenmigration glatt laufen? Und wie gut werden wir mit dem  neuen Tool zurechtkommen? Diese Fragen treiben uns gerade um.  

Wie kann eine gemeinnützige Organisation strategisch an digitale Kommunikation heran  gehen? Ihre Erfahrungen hat die Die Braunschweigische Stiftung in diesem Paper  zusammengefasst. 

Update: Wir haben noch einmal mit Insa und Friedemann gesprochen. Hier könnt ihr lesen, wie es nach der Einigung auf ein Tool weiterging:

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Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International Lizenz.

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