Darum brauchen Non-Profits Social Media Guidelines

Social Media Guidelines geben sozialen Organisationen und ihren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden Orientierung bei der Kommunikation in den sozialen Medien. Dabei geht es um mehr als den richtigen Ton, es geht auch um Sicherheit und Haftung.

Nahaufnahme einer Hand an einer Laptoptastatur, daneben eine optische Maus. Titelbild des Beitrags zu Social Media Guidelines.

Früher waren in gemeinnützigen Organisationen und Vereinen nur bestimmte Menschen für die Kommunikation verantwortlich. Was nach draußen kommuniziert wurde, ging über ihren Tisch. Doch die sozialen Medien haben diese Logik auf den Kopf gestellt. Längst wird in Organisationen auch über das Kommunikationsteam hinaus getwittert, teilen Mitarbeiter:innen und Ehrenamtliche Informationen über Facebook, Instagram und Blogs oder vernetzen sich über LinkedIn und Co. mit Kolleg:innen aus anderen Non-Profits. Schnell verschwimmen die Grenzen zwischen beruflicher und privater Rolle. Wer gerade spricht, ist nicht immer klar erkennbar.

Einerseits ist es für Non- Profits und Vereine super, wenn sich die Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen als Botschafter:innen engagieren und die Themen, Termine, Publikationen der Organisation verbreiten. Andererseits lauern hier auch Gefahren: Wer haftet, wenn das Urheberrecht verletzt wird? Was können Ehren- und Hauptamtliche tun, wenn sie von Trollen angegriffen werden? Wie können NGOs verhindern, dass die Aktivitäten ihrer Mitarbeiter:innen in sozialen Netzwerken – auch unbeabsichtigt – ihr Image gefährden? Eine Social Media Guideline klärt all diese Fragen und bietet Organisationen und ihren Mitarbeiter:innen Orientierung.

Sensibilisieren und Regeln – Das leisten Social Media Guidelines

„Im Gegensatz zum Social Media Leitfaden, der sich an die Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen mit Kommunikationsverantwortung richtet, sprechen die Social Media Guidelines alle in der Organisation an“, erklärt Alina Darmstadt, die das Projekt Civic.net – Aktiv gegen Hass im Netz der Amadeu Antonio Stiftung leitet.

Anführungszeichen

„Sie schaffen Transparenz und Awareness und fördern eine vertrauensvolle und sensible Kommunikation. Was die Netiquette nach außen regelt, klären Social Media Guidelines nach innen“, sagt sie.

Für die Heinrich-Böll-Stiftung hat Lukas Fischer, Referent Content Marketing und Social Media, vor einigen Jahren die Social Media Guidelines erarbeitet. „Bei uns nahmen einige Mitarbeiter:innen qua Funktion eine herausgehobene digitale Rolle ein und leisteten teilweise Stiftungsarbeit über ihre privaten Accounts,“ erzählt Lukas. Neben der strategischen Überlegung, dass die Stiftung durch die Kommunikation von Stiftungsthemen über private Accounts Follower:innen verlöre, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Stiftung verließe, war für Lukas auch in anderer Hinsicht eine Positionierung notwendig. „Allen sollte klar werden: Wenn du dich über deinen privaten Account äußerst, dann machst du das freiwillig und eigenverantwortlich“, erzählt Lukas.

Aufstellen und formulieren

Damit die Fachreferent:innen nicht mehr ausschließlich ihre privaten Twitter-Accounts nutzen mussten, wurden offizielle Themen-Accounts wie der Böll-Klima-Account angelegt. Dann ging Lukas in Rücksprache mit den digital aktiven Kolleg:innen und dem Management in einen ordnenden Prozess. Wer ist wo unterwegs? Wie hoch ist das private Engagement? Was sollten wir regeln? Wo wollen wir Ausnahmen ermöglichen?

Im Kern umfasst die Social Media Guideline der Heinrich-Böll-Stiftung zehn Regeln. Sie reichen vom verantwortlichen Umgang mit Informationen über die Beachtung des Urheberrechts bis zur Nutzung von Bild- und Videomaterial. Sie weisen darauf hin, wahrheitsgemäß und faktenbasiert zu kommunizieren und fordern auf, sich bei Stiftungsthemen immer als Mitarbeiter:in der Stiftung zu erkennen zu geben. Um die zentralen Regeln herum klärt das Dokument über die Haltung, Herangehensweise und Ziele von Social Media auf. Es macht transparent, warum die Regeln entwickelt wurden. Zusätzlich gibt es einen Überblick darüber, welcher Kanal wofür, von wem und mit welchen Inhalten bespielt werden sollte. Hinzu kommen Hinweise zur Tonalität der Posts und Tipps zur Betreuung der Kanäle.

Social Media Guidelines dienen auch dem Schutz der Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen, gerade in politischen und aktivistischen NGOs. Darauf weist Alina von der Amadeu Antonio Stiftung ausdrücklich hin. Daher sollten die Social Media Guidelines auch persönlich Risiken in den Blick nehmen, Ansprechpartner:innen für Fragen und für den Fall von digitaler Gewalt interne und externe Anlaufstellen nennen. Darüber hinaus helfen auch konkrete Tipps zu den Privatsphäre-Einstellungen oder dem sensiblen Umgang mit persönlichen Informationen helfen den Mitarbeiter:innen und Ehrenamtlichen.

Kommunizieren und verankern

Seit die Social Media Guidelines der Heinrich-Böll-Stiftung formuliert und final abgestimmt wurden, sind sie Teil des Social Media Zertifikats. Das Workshopangebot der Stiftung richtet sich an alle, die mit Stiftungsthemen in sozialen Netzwerken aktiv sind oder werden. In den Workshops wird die Guideline vorgestellt und durch praktische Übungen unterfüttert. Anhand von Szenarien lernen die Teilnehmer:innen beispielsweise, Posts zu formulieren und üben den Umgang mit Kritik oder mit Trollen. Nicht immer ist eine Schulung notwendig, um die Social Media Guideline zu kommunizieren und die Umsetzung sicherzustellen. Wichtig ist nur, dass alle in der Organisation von der Social Media Guideline erfahren und sich mit Fragen an konkrete Ansprechpartner:innen wenden können. Alina empfiehlt, die Guideline im Onboarding-Prozess zu kommunizieren.

Die Social Media Guidelines der Amadeu Antonio Stiftung haben selbst der Social Media-Expertin Alina ein Stück mehr Sicherheit gegeben. „Sie haben mir noch einmal klargemacht, wie wichtig es ist, dass ich mich und meine Kolleg:innen in den sozialen Netzwerken schütze und mich daran erinnert, die Privatsphäre-Einstellungen regelmäßig zu überprüfen“, sagt sie.

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