Ehrenamtliche begleiten: Mit den richtigen Tools und Gottvertrauen

Die Ehrenamtsakademie der EKHN hat früh auf digitale Möglichkeiten gesetzt, um die 10.000 Ehrenamtlichen mit Leitungsfunktion zu begleiten und weiterzubilden. Die Referentin der Ehrenamtsakademie Ina Wittmeier hat uns erzählt, wie die digitalen Formate mehr Nähe zu den Ehrenamtlichen geschaffen haben und wie es gelingt, Freiwillige bedarfsorientiert und flexibel zu unterstützen.

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Dank Ina Wittmeier ist die Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche Hessen Nassau (EKHN) eine Vorreiterin. Die Referentin findet für die Landeskirche seit 2014 Wege, die 10.000 leitenden Ehrenamtlichen in den Gemeinden orts- und zeitunabhängig zu begleiten und zu schulen. „Die Affinität fürs Digitale habe ich mitgebracht, als ich 2013 bei der Ehrenamtsakademie der EKHN anfing“, erzählt Ina Wittmeier. Die Themen virtuelles und selbstorganisiertes Lernen haben sie schon während ihres ersten Studiums Anfang der 2000er beschäftigt und dann nie wieder losgelassen.

Lange vor der Pandemie etablierte Ina Wittmeier mit ihrem Kollegen Pfarrer Steffen Bauer digitale Möglichkeiten zur Schulung von Ehrenamtlichen. Neben einer Facebook-Gruppe setzten beide auf Webinare und einen Youtube-Kanal, der als Wissensdatenbank fungiert und stetig weiter wächst. Bereits die erste Kirchenvorstandswahl 2015 begleitete die Ehrenamtsakademie der EKHN teilweise digital.

Im Jahr vor der Pandemie entschieden Ina Wittmeier und Steffen Bauer strategisch klug, zur nächsten Kirchenvorstandswahl 2021 fast ausschließlich digital zu informieren. Allein ein Leporello mit dem Zeitplan wurde noch gedruckt. Welche Kanäle und Formate sie für die Kirchenvorstandswahl genutzt haben und wie die Ehrenamtsakademie der EKHN ihre digitalen Bildungsformate weiterentwickelt hat, davon hat Ina Wittmeier uns erzählt.

Foto: Ina Wittmeier

Nah, bedarfsorientiert und flexibel

„Digitale Kanäle zu nutzen, hat uns unserer Zielgruppe näher gebracht. Unsere Facebook-Gruppe hat inzwischen an die 800 Mitglieder. Regelmäßig tauschen wir uns mit den Mitgliedern aus, beantworten Fragen und geben Anregungen. Über die Gruppe bekommen wir mit, wo die Ehrenamtlichen gerade stehen und welche Themen sie beschäftigen. Dadurch können wir bedarfsorientierter arbeiten. Wir haben uns im Laufe der Jahre immer weiter weg vom Statischen bewegt und planen beispielsweise kein Jahresprogramm mehr von langer Hand im Voraus. Der Austausch ist in den Mittelpunkt unserer Arbeit gerückt.

Bei der Kirchenvorstandswahl 2021 war das Format Offene Sprechstunde unser Erfolgsmodell. Fast wöchentlich konnten die Ehrenamtlichen über Zoom ihre Fragen stellen und sich austauschen. Sie mussten sich nicht anmelden, konnten kommen und gehen, wann sie wollten, durften je nach Belieben einfach nur zuhören oder sich einbringen. Damit haben wir regelmäßig bis zu 150 Ehrenamtliche aus den Gemeinden erreicht und gezielt informiert.

Mehr und mehr setzen wir auf flexible Formate, Webinare bieten wir zurzeit kaum noch an. Sie wurden abgelöst von digitalen Veranstaltungen. Das Format erlaubt uns, zeitnah auf die Bedürfnisse und Themen der Ehrenamtlichen einzugehen. Fast wöchentlich finden Veranstaltungen über Zoom statt, häufig zu übergeordneten Themen. Der Umgang mit Corona in den Gemeinden hat immer wieder eine Rolle gespielt, es geht aber auch um rechtliche Regelungen oder den Changeprozess, in dem die Landeskirche steckt. Zu einer der letzten Veranstaltung, bei der der Kirchenpräsident und zuständige Mitarbeiter:innen aus unterschiedlichen Bereichen Einblicke in den Changeprozess gaben, kamen 600 Menschen. Das war schon toll. Den Chat nutzen wir dabei nicht nur für Fragen, sondern auch für Anmerkungen und Kritik.

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Wenn etwa der Kirchenpräsident im Chatprotokoll liest, dass die Menschen im Changeprozess eine theologische Vision der Kirche vermissen, hat das ein anderes Gewicht, als wenn wir das mündlich weitergeben.

Auch die Organisation haben wir uns leichter gemacht. Da man sich für die meisten Veranstaltungen nicht anmelden muss, können wir den Zoom-Link einfach auf unserer Webseite veröffentlichen und müssen keine Bestätigungen mehr versenden.

Ehrenamtliche online schnell und konkret unterstützen

Weiter gewachsen ist unser Youtube-Kanal. Hier erklären wir, wie die Kirchenvorstandswahlen ablaufen oder wie das Intranet der EKHN funktioniert. Und wir beleuchten, wie man Ehrenamtliche gewinnt und hält, wie Fundraising geht oder wie die Kirche der Zukunft aussieht. Am Anfang waren die Kolleg:innen aus den anderen Bereichen eher zurückhaltend, Videos mit uns zu erstellen, inzwischen werden wir von ihnen regelmäßig abgefragt.

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Als Nächstes entstehen Tutorials zur Logo-Manufaktur, einem digitalen Tool, das den Gemeinden die Gestaltung ihrer Briefbögen, Signaturen und Veranstaltungsplakate erleichtern wird.

Auch unsere Webseite nutzen wir, um auf die Bedarfe unserer Zielgruppe einzugehen und sie schnell und möglichst konkret zu unterstützen. Die Materialsammlung zu Freiwilligenmanagement habe ich erarbeitet, nachdem ich mitbekommen hatte, dass sich die Gemeinden schwertun, digital mit ihren Ehrenamtlichen in Kontakt zu bleiben und zu arbeiten. Rund um alle Bereiche der Freiwilligenkoordination von der Suche nach passenden Ehrenamtlichen über Beteiligen bis hin zum Verabschieden habe ich Tools und Tipps zusammengestellt. Zum Beispiel weise ich hier auf Ehrenamtsbörsen hin, zeige, wie
man Stellenprofile entwickeln oder digitale Umfragen gestalten, und gebe Anregungen, wie man Ehrenamtliche etwa im Bereich Social Media einbinden kann.

Ausprobieren und lassen können

Generell probieren wir viel aus. Wenn etwas funktioniert, ist das toll, wenn nicht, können wir es auch wieder loslassen. Unseren Instagram-Kanal haben wir beispielsweise nach drei bis vier Monaten eingestellt. Wir hatten nicht genug überzeugendes Bildmaterial. Und wir haben gemerkt, wie wichtig es für uns ist, uns mit unserer Zielgruppe auszutauschen, interessante Beiträge zu verlinken. Das geht immer noch am besten über Facebook. Auch ein Format wie die Offene Sprechstunde eignet sich nicht für jedes Thema. Ein paar Mal haben wir sie zu Fragen rund ums Ehrenamt angeboten. Vielleicht war das zu allgemein formuliert, die Resonanz blieb aus und wir haben uns andere Sachen überlegt.

Was man nicht aus den Augen verlieren darf, ist das Ziel. Unser Ziel ist, mit den Ehrenamtlichen in Austausch zu sein, wie Kirche gut gestaltet werden kann, und sie dabei zu unterstützen. Wir nehmen die Ehrenamtlichen ernst. Wir glauben nicht, dass wir alles besser wissen, wir möchten ihnen nicht zu viel vorgeben, sondern sie einbinden. Unsere Haltung ist da kirchlich: Wir vertrauen, dass der Geist Gottes wirken wird. Die Tools sind letztlich Mittel zum Zweck.“

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