Engagement, digitale Souveränität und eine Prise Leidenschaft – die CiviCRM-Community 

CiviCRM ist ein Gemeinschaftsprojekt. Als Freie-Open-Source-Software steht hinter der Weiterentwicklung eine internationale Community. Diese ist äußerst dynamisch und zeigt, wie gewinnbringend es sein kann, wenn Techies und die engagierte Zivilgesellschaft zusammenfinden, um Software von allen und für alle zu entwickeln.

Foto: Eva Riemer

Zahlreiche Menschen strömen an einem warmen Spätsommertag in das Gebäude mit der Klinkerfassade aus dem 19. Jahrhundert, in dem sich die Leipziger Volkshochschule befindet. Im oberen Stockwerk angelangt, werden sie von einem Meer von Chili-Pflanzen empfangen. Doch die Besucher:innen sind nicht gekommen, um an einem Kochkurs teilzunehmen, sondern um sich über die Nutzung und Weiterentwicklung der Software CiviCRM auszutauschen. Das CiviCamp 2023 hat begonnen! 

Die engagierte Zivilgesellschaft und Open-Source-Enthusiasten 

Am Veranstaltungsort sind sowohl Vertreter:innen von größeren und kleineren Organisationen im Bereich Umweltschutz, Bildung, Kultur und Friedensarbeit als auch Entwickler:innen und Implementierer:innen anwesend. So unterschiedlich die beruflichen Hintergründe sein mögen, so sehr eint doch alle das Ziel, dass sie die Welt ein kleines Stückchen besser machen wollen – mit Freier Software.  

Dies ist Teil 3 unserer Serie zu CiviCRM. Geschrieben hat ihn Carolin Viktorin vom Bundesverband Soziokultur. Im rechts stehenden ersten Beitrag der Serie ging es darum, wie der Verband selbst CiviCRM bei sich eingeführt hat. Im zweiten Teil stand dann das Thema Förderantrags-Verwaltung mit CiviCRM im Bundesverband Soziokultur im Fokus.

Freie-Open-Source-Software als Alternative zu einem proprietären CRM 

Im Gegensatz zu proprietären CRM-Systemen, bei denen nur die Hersteller den Programmcode kennen und weiterentwickeln können, ist CiviCRM eine Freie-Open-Source-Software, die von einer Community gepflegt wird und ohne Lizenzkosten nutzbar ist. Dadurch wird die Abhängigkeit von einem Hersteller vermieden und die Hoheit über die eigenen Daten und technische Weiterentwicklungen behalten. Um Hosting und Wartung muss sich dennoch jemand kümmern – je nach Größe der Organisation entweder IT-Verantwortliche oder Dienstleister:innen. 

Gründe, sich für Freie Software zu entscheiden, sind neben geringeren Langzeitkosten oft das Bewusstsein dafür, dass auch die Auswahl von Software eine Konsumentscheidung ist, mit der wir Einfluss auf die Gestaltung unserer Gesellschaft nehmen. Dem wachsenden Einfluss weniger Big-Tech-Konzerne mit unklaren Datenschutzbestimmungen stehen viele kritisch gegenüber. Die Nutzung von Freier Software ermöglicht hingegen den Aufbau dezentraler Netzwerke und Strukturen, die unabhängig von dominanten Big-Tech-Konzernen agieren können. So wird eine demokratischere und vielfältigere digitale Gesellschaft gefördert, wie sich an der Civi-Community zeigt. 

Dreh- und Angelpunkt der deutschsprachigen Community: Software für Engagierte e.V. 

Schon an der großen Teilnehmer:innenzahl wird deutlich, dass die Civi-Anwender:innen große Lust haben, sich zu vernetzen und miteinander über neue Civi-Entwicklungen zu diskutieren. Mit 120 Teilnehmer:innen aus über 70 Organisationen ist das CiviCamp 2023 das bisher am besten besuchte Treffen der Community in Deutschland. Die erste internationale Civi-Konferenz fand vor einigen Jahren noch in einem wesentlich kleineren Kreis im soziokulturellen Zentrum Alte Feuerwache in Köln statt. Mittlerweile ist die Zahl der Civi-User in Deutschland stark angewachsen. Auf dem CiviCamp ist für jede:n etwas dabei – die Anzahl der Chilis im Programmflyer zeigen an, welche „Schärfe“ ein Vortrag hat. 

Foto: Eva Riemer

Organisiert hat das Camp der Verein Software für Engagierte, der 2012 unter anderem von Detlev Sieber gegründet wurde. Seitdem setzt sich der Verein dafür ein, CiviCRM an die deutschen Bedarfe anzupassen, unterstützt mit den Mitgliedsbeiträgen benötigte Erweiterungen und treibt die Vernetzung der Community mit der Organisation von Civi-Stammtischen, Events und einem Community-Portal voran. Mitglieder des Vereins sind CiviCRM-Implementierer:innen und Anwender:innen gleichermaßen. Mit dem Digitalisierungsschub der Zivilgesellschaft in den letzten Jahren ist die deutschsprachige Community stetig gewachsen. 

Das CiviCRM Core Team in den USA 

Die erste CiviCRM-Version wurde bereits 2005 in den USA von Entwicklern veröffentlicht, die viel Erfahrung in der Arbeit mit NGOs hatten. Sie hatten den Anspruch, eine leistungsfähige, aber zugängliche CRM-Lösung für Organisationen mit begrenzten Ressourcen zu schaffen, die den spezifischen Anforderungen und Bedürfnissen dieser Organisationen gerecht wird. Seitdem hat sich CiviCRM zu einem wichtigen Werkzeug für NGOs, Vereine und soziale Organisationen weltweit entwickelt, die Spenden, Mitgliedschaften, Veranstaltungen und Kontakte effizient verwalten wollen.  

Das Core Team von CiviCRM besteht aus einem Team in den USA, welches die Hauptverantwortung für die Weiterentwicklung, Wartung und Qualitätssicherung der Software hat. Es koordiniert die Beiträge aus der globalen Community, überwacht den Code, führt Updates durch und pflegt eine enge Zusammenarbeit mit den Nutzer:innen und anderen Entwickler:innenteams. Das Core Team finanziert sich durch Mitglieder- und Partnerprogramme, durch Spender:innen und konkrete Auftragsarbeiten für spezifische Erweiterungen. Dadurch wird der Betrieb des Kernsystems gesichert, während die Programmierung für benötige Erweiterungen auch durch andere Entwickler:innen möglich ist. 

#CiviClick – einfacherer Zugang zu CiviCRM 

Bei allen Vorteilen, die CiviCRM hat, gibt es dennoch einige Hürden, die den Einstieg nicht einfach machen. Die vielen Möglichkeiten, CiviCRM zu implementieren und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, stellen für Organisationen mit wenig Erfahrungen in CRM-Systemen oder begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen zunächst oft eine Herausforderung dar. Allein die Grundkonfiguration erfordert einiges an Know-how. Hinzu kommt, dass sich Organisationen bei der Einführung neuer Software oft selbst erst einmal darüber klarwerden müssen, wie sie Arbeitsprozesse fortan konkret umsetzen möchten. Bislang fehlte es an einer niedrigschwelligen Möglichkeit, CiviCRM mit Testdaten einfach für unterschiedliche Einsatzzwecke auszuprobieren. Das von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) geförderte Projekt #CiviClick von Software für Engagierte soll dies künftig ändern. 

Sich mit nur wenigen Klicks eine Demo-Installation aufsetzen, die bereits so vorkonfiguriert ist, dass sie auf den eigenen Anwendungsfall passt – das wird mit CiviClick bald möglich sein. Die beispielhaften Anwendungsfälle werden gemeinsam mit NGOs aus der Community entwickelt. Durch die Umsetzung des Projekts können sich Interessierte unkompliziert einen fundierten Überblick verschaffen, was mit CiviCRM möglich ist und welche Prozesse wie technisch abgebildet werden können. Oft ist es bei der Einführung neuer Software-Lösungen sinnvoll, sich mit anderen auszutauschen, die ähnliche Prozesse bereits umgesetzt haben. Da aber die Daten der eigenen Organisation oft nicht oder nur eingeschränkt gezeigt werden können, bietet ein mit Testdaten gefülltes System eine unkomplizierte Basis für die gemeinsame Diskussion über Umsetzungsmöglichkeiten.  

Fundraising mit CiviCRM – Konzepterarbeitung auf dem CiviSprint 

An weiteren Plänen, CiviCRM zu optimieren und an die unterschiedlichen Bedarfe anzupassen, mangelt es nicht. Getüftelt wird etwa bereits daran, wie die Grundkonfiguration von CiviCRM vereinfacht werden kann, so dass für Organisationen mit einfachen Standardanforderungen an ein CRM die Einführung von Civi niedrigschwelliger wird.  

Auf dem CiviCamp steht erst einmal das Thema Fundraising im Fokus. Auf dem anschließenden CiviSprint, der in einer alten Nudelfabrik im nahegelegenen Zeitz stattfindet, arbeitet eine Gruppe bestehend aus IT-Verantwortlichen, Civi-Power-Usern und Fundraising-Expert:innen an einem umfangreichen Konzept, um Fundraising-Kennzahlen in Civi zu integrieren. Mehrere andere Gruppen tüfteln an weiteren Themen und stellen diese in einem abendlichen Videocall einem Entwickler des Core Teams vor. Am Ende des CiviSprints hat die Community einige Verbesserungen auf den Weg gebracht und fängt schon an, erste Ideen für das folgende Jahr zu sammeln. Mit jeweils einer Chili-Pflanze im Gepäck machen sich die Teilnehmer:innen des Sprints wieder auf den Heimweg. 

Erste Hilfe für Civi-Fragen und Links rund um die Community 

💻 Community-Portal Software für Engagierte e.V.  

💌 Anmeldung zum Newsletter von Software für Engagierte e.V.  

❓ Fragen & Anworten, CiviCRM Stackexchange

💬 CiviChat auf Mattermost

🧾 Jährliche Berichte des Core Teams zu CiviCRM

📈 Internationale Statistik zur Nutzung von CiviCRM 

Creative Commons License

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International Lizenz.

Weiterlesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr Beiträge aus dem Magazin

D3 – so geht digital ist ein Projekt der     gefördert durch  Logo DSEE