Niemand ist zu alt, um online zu gehen.

Damit das gelingt, begleitet die Initiative Digitaler Engel Senior:innen auf ihrem Weg zur sicheren Nutzung digitaler Tools und Angebote. Die sehr vielfältige Zielgruppe ist dabei eine spannende Herausforderung.

Ein junger Mann vom Digitalen Engel zeigt drei älteren Frauen Funktionen am Smartphone

Foto: Jörg Farys

Mit einem digitalen Angebot Nutzer:innen erreichen, die nicht nur sehr unterschiedliche Vorkenntnisse haben, sondern auch nicht ihr Leben lang schon digital unterwegs sind – das ist die wohl größte Herausforderung, die das Projekt Digitaler Engel vom Verein Deutschland sicher im Netz zu meistern versucht. Denn das Projekt hilft älteren Menschen dabei, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden. Das fängt für einige der Nutzer:innen mit Online-Gehen überhaupt an, geht über die Nutzung von Apps bis hin zu sicherem Einkaufen im Internet. Das Team vom Digitalen Engel begleitet dabei über ganz verschiedene Angebote seine Zielgruppe.

Doch wie erreicht man mit einem digitalen Projekt eigentlich Menschen, die überwiegend noch nicht online sind? Natürlich in der analogen Welt dabei setzt der Digitale Engel auf unterschiedliche Wege. „Wir haben zwei Infomobile. Unsere Digitalexpertin Petra Rollfing und unser Digitalexperte Johannes Diller fahren damit auf Marktplätze, um dort offene Infoveranstaltungen anzubieten. Gemeinsam mit lokalen Partnern werden darüber hinaus auch Veranstaltungen mit einem Überthema veranstaltet“, erläutert Daniel Lehmann, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Projekts. Der Fokus des Angebots liegt beim Digitalen Engel im ländlichen Raum. „Wir wollen die Leute dort abholen, wo sie eben sind“, sagt Daniel.

Zwischen Kryptowährung und E-Mail verschicken lernen

Das gilt nicht nur räumlich, sondern auch inhaltlich. Es ist eine weitere Herausforderung für das Team. Denn während der eine Senior eine sehr spezifische Frage zu etwa Kryptowährung hat, ist es für den nächsten vielleicht schon eine Herausforderung, eine E-Mail zu verschicken. Das Hauptaugenmerk sei es, mit dem Angebot Ängste und Vorbehalte gegenüber dem Internet abzubauen und gleichzeitig Chancen und Mehrwerte zu zeigen, die durch die und in der digitalisierten Welt entstehen. 

Das Konstrukt Internet sei für viele, die noch mit einer Schreibmaschine groß geworden seien, technisch nicht immer nachvollziehbar. „Wie oft erfindet sich das Netz neu? Da hat nicht jeder die Muße, sich immer wieder mit den neuesten Entwicklungen zu beschäftigen“, zeigt Daniel Verständnis. Etwa im Bereich Bezahlung hätte sich in den vergangenen Jahren viel getan, und nicht jede:r bleibe dabei immer am Puls der Zeit. Deshalb versuchen die Digitalen Engel mit Fingerspitzengefühl und spielerischen Übungen zu erläutern, was beispielsweise eine Cloud ist oder warum Online-Banking praktisch ist. „Wichtig ist dabei herauszustreichen, dass es kein Muss, sondern nur ein Angebot ist“, so Daniel. Trotzdem: Niemand sei zu alt, um das Internet zu nutzen. Deshalb gehe es beim Digitalen Engel unter anderem darum, ein möglichst niedrigschwelliges Angebot zu machen. Das beginne dann eben mit dem Gespräch auf dem Marktplatz. 

Das Abstrakte erfahrbar machen

Eine Erfahrung, die das Team bereits machen musste: Es ist nicht an jedem Marktplatz so, dass die Menschen sofort auf das Mobil zuströmen. Jedoch merke das Team, dass es als realer Ansprechpartner für die abstrakte digitale Welt eine wichtige Rolle spielt. „Es ist wichtig, jemanden metaphorisch an die Hand zu nehmen und zu sagen: ‚keine Angst‘“, erzählt Daniel. Auch sei es wichtig, falsche Scham vor vermeintlich doofen Fragen abzubauen. Der Digitale Engel macht das Abstrakte persönlich erfahrbar. „Das funktioniert so gut“, so Daniel.  Anders als 14-Jährige, die in der Regel mit dem Internet, Tablets und Smartphones aufgewachsen sind und die mit ausprobieren und Suchmaschine neue Funktionen und Themen erarbeiten würden, fehle bei Älteren häufig der Mut, es selbst zu versuchen. 

Digitalreferentin Petra Rollfing im Einsatz. Foto: Jörg Farys

„Und dafür brauchen sie dann uns“, so Daniel.  Denn zwar gebe es viele gute Online-Hilfen jedoch seien sie meist nicht auf Senior:innen ausgerichtet. „Da werden dann viele Begrifflichkeiten verwendet, die eigentlich erst einmal im Einzelnen erklärt werden müssten“, sagt Daniel. Es gehe nicht darum, die Begriffe zu umschreiben, sondern die Nutzer:innen mit dem passenden Fachjargon vertraut und Zusammenhänge begreifbar zu machen. „Bei so etwas wie einem Cloudspeicher kann es schon helfen, einfach mal ein Schaubild zu zeigen. Das hilft schon weiter, als wenn die Menschen immer nur lesen, dass sie mehr Cloudspeicher buchen sollen“, sagt Daniel.

Praktische Hilfe und theoretisches Fachwissen

Gerade bei praktischen Themen, wie der Einrichtung einer App auf dem Smartphone, könne man  ganz individuell und anschaulich in kleinen Schritten zeigen, wie die App installiert und letztendlich genutzt wird.D Verständnisthemen wie Bedrohung im Netz oder die Vermittlung von Grundkenntnissen seien dahingegen auch theoretischer in der Übermittlung.  Das didaktische Vorgehen der Digitalen Engel hängt also von den Themen ab. Neben den Veranstaltungen von Ort gibt es auch ein digitales Angebot auf der Webseite mit Erklärvideos sowie Podcasts, Broschüren zu Themenschwerpunkten und auch Schaubildern.

Veranstaltungen in der Vorweihnachtszeit

Der Digitale Engel bietet in der diesjährigen Vorweihnachtszeit zusätzlich zu seinem normalen Angebot auch offene Online-Veranstaltungen an.

– Bezahlung von Geschenken, 22. November 10 Uhr
– Falschnachrichten und Desinformationen, 25. November 10 Uhr
– Weihnachtsgeschenke sicher bestellen und bezahlen, 6. Dezember 10 Uhr
– Geschenke bezahlen mit dem Smartphone, 13. September 14 Uhr
– Falschnachrichten und Desinformation, 15. Dezember 15 Uhr

Die Teilnahme an den Webinaren ist kostenlos. Die Veranstaltungen finden mit dem Videokonferenz-System Zoom statt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht notwendig, die Veranstaltungen laufen alle unter https://zoom.us/j/9290347421. Falls es Probleme bei der Einwahl oder Fragen zu dem Angebot gibt, ist das Team werktags jeweils von 9 bis 17 Uhr unter Telefon 030/767 581 530 oder per Email an info@digitaler-engel.org erreichbar.

Den Überblick über alle Online-Veranstaltungen gibt es in dieser Übersicht.

„In unseren Formaten werden manchmal Fragen gestellt, auf die wir selbst bisher nicht gekommen sind.Auch wir lernen dann, wie etwas auf einem bestimmten Betriebssystem funktioniert“, sagt Daniel. Man müsse in solchen Runden die Zeit und Geduld mitbringen, spezifische Fachfragen zu beantworten, wenn jemand gerade einen Artikel zu diesem Thema gelesen hätte und im nächsten Moment die vermeintliche Einsteigerfragen einer anderen Person zu beantworten. Dieser Spagat, die einen nicht zu langweilen und die anderen nicht zu überfordern, ist immer wieder da. Doch das Projekt hat gelernt, damit umzugehen. Seit 2019 gibt es das Projekt. Vor wenigen Wochen gab es eine Verlängerung der Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bis 2025.

Die Infomobile fahren also weiterhin durch ganz Deutschland. Bereits jetzt gibt es einen vorläufigen Tourenplan bis Ende 2023. Gemeinsam mit lokalen Vereinen und Initiativen werden die einzelnen Termine angeboten. „Wir leben viel von Mund-zu-Mund-Propaganda“; sagt Daniel. Das gelte sowohl für Themenworkshops, als auch für das offene Angebot auf zentralen Plätzen. 

Der Corona-Digitalisierungs-Schub

Einen deutlichen Boost habe das Programm jedoch durch die Corona-Pandemie erlebt. „Da haben mehr unserer Teilnehmenden gesagt: ‚Ich möchte mit meinen Enkelkindern eine Videokonferenz machen‘“, erzählt Daniel. Über solche Türöffner-Momente könnte das Team mehr Senior:innen davon überzeugen, sich mit dem Thema digitale Welt auseinanderzusetzen. Einmal interessiert, sei es wichtig, dranzubleiben. Bereits jetzt wird das Team durch lokale Partner:innen unterstützt und im Tagebuch der Digitalen Engel werden lokale Angebote für die Schritte in der digitalen Welt verlinkt. In Zukunft sollen zudem Wissensvermittler:innen vor Ort von den Digitalen Engeln geschult werden. So soll ein Netz aus Ansprechpartner:innen entstehen, dass konkrete Hilfe bei der Nutzung digitaler Dienste vor Ort anbieten kann.

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