So geht Podcasting – Teil 2: Wie und wo(hin)?

Podcasts stehen momentan hoch im Kurs. Aber wie kompliziert ist eigentlich die Produktion? Kann das jede:r? Und welches Equipment ist erforderlich? Philipp von der Agentur Korrektur NachOben und dem Projekt Digitale Provinz hat die Antworten. Im zweiten Teil unserer Serie erfahrt ihr, wie ihr euren Podcast aufnehmt, bearbeitet und veröffentlicht.

Foto eines Mikrophons und einem Macbook, auf dem ein Soundbearbeitungsprogramm geöffnet ist.

Es gibt nicht den einen Weg, um Podcasts zu erstellen. Vielmehr passt das in der Medizin geläufige Sprichwort „Wer’s heilt, hat recht“ – in diesem Fall: Wenn es gut klingt, wurde wohl alles richtig gemacht. Meine Erfahrungen habe ich in meinen mittlerweile 20 Jahren als Hobbymusiker und einigen Studio-Sessions – sowohl DIY als auch beim Profi – gesammelt. Und innerhalb der letzten anderthalb Jahre, in denen ich mich mit der Podcast-Produktion im Besonderen beschäftige, kam noch einiges an Erfahrung und Wissen dazu.

So kann ich nach nunmehr 27 Folgen für unser eigenes Format Digitale Provinz und einigen mehr für die Kunden von Korrektur NachOben (KNO) mittlerweile nicht nur sagen, was in meinen Augen bzw. Ohren die optimalen Bedingungen für eine Podcast-Aufzeichnung sind, sondern auch, was man tun kann, wenn es anders gehen muss. Nachdem wir das geklärt hätten, können wir zur Sache kommen.

Wir finden: Auch soziale Organisationen sollten Podcasting zumindest in Erwähnung ziehen. Sind diese doch als Informationsquelle mittlerweile fester Bestandteil des Alltags von vielen Leuten. Im ersten Teil unserer Podcasting-Serie beleuchtet Philipp deswegen die inhaltlichen und konzeptionellen Erwägungen, die für eure Podcast-Produktion wichtig sind. Noch nicht gelesen? Jetzt lesen!

Am Anfang war das Wort, oder nicht? – So geht die Aufnahme

Nicht ganz: Denn vor „dem Wort“ steht für gute Podcasts erstmal Vorbereitung und Konzeption an. Los geht’s mit Tipps zur richtigen Aufnahmesituation, also den räumlichen Begebenheiten, der technischen Ausstattung sowie zur Gestaltung der Gesprächssituation.

Wo?

Bei Korrektur NachOben haben wir uns jüngst ein eigenes Studio für Audio- und Video-Podcasts ausgebaut. Das ist natürlich optimal. Aber nicht jede:r braucht ja gleich ein eigenes Studio. Worauf es bei der Umgebung ankommt, ist, dass sie möglichst frei von Störgeräuschen ist. Sicherlich kann es auch einen gewissen Charme haben, die Kulisse eines Cafés im Hintergrund des Gesprächs zu hören. Allerdings muss diese eben genau das sein: Hintergrundkulisse. 

Wenn ihr – wie die meisten – nur einen Versuch mit eurem oder eurer Gesprächspartner:in habt, wollt ihr lieber auf Nummer sicher gehen, dass die Aufnahme brauchbar ist. Dazu solltet ihr einen Raum wählen, der nicht nur frei von äußeren Störgeräuschen ist, sondern auch wenig oder sogar keinen Hall hat. Je mehr Möbel (Polster sind super) in dem Raum stehen und je weniger glatte Flächen (Wände, Fenster etc.) er hat, desto weniger Schall wird zurückgeworfen.

Womit?

Nachdem ihr einen brauchbaren Raum gefunden habt, braucht ihr natürlich das richtige Equipment. Bei KNO nutzen wir das altbewährte Shure SM 7B. Wenn ihr Video-Podcasts, wie etwa Joe Rogan Experience, verfolgt, wisst ihr, was ich meine. Dieses Mikro ist der Standard bei den Großen, kostet aber auch großes Geld. Außerdem benötigt ihr dafür ein Interface, um den Ton vom XLR-Anschluss irgendwie auf einen USB-Ausgang zu bekommen, den ihr an euren Computer anschließen könnt. 

Zum Glück gibt es USB-Mikros, die genau das vorwegnehmen und nicht (zwingend) so viel kosten. Mit dem Samson Meteor (ca. 70 €) etwa habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht und auch schon Gesang für ein Demo aufgenommen – gab gutes Feedback. Es geht auch noch günstiger. Die Frage ist nur, ob ihr das wirklich wollt. Ich würde davon abraten, direkt am Anfang – also dem Eingangssignal der Stimme – eurer Produktion zu sparen. Mitunter habt ihr dadurch später in der Postproduktion ein Vielfaches an Arbeit.

Quelle: Giphy.

Um die Postproduktion, also die Nachbearbeitung eurer Aufnahme, erheblich zu erleichtern, ist es von großem Vorteil, wenn ihr jede:n Sprecher:in in einer eigenen Tonspur aufnehmt. Folglich braucht ihr auch für jede:n ein eigenes Mikro und ein Programm, das diese gleichzeitige Aufzeichnung in mehreren Spuren (Multitrack) gewährleistet. Wir nutzen dafür (und auch für die Postproduktion) Adobe Audition. Es gibt aber noch viele andere und auch kostenfreie DAWs (Digital Audio Workstation), also Programme zum Aufnehmen und Bearbeiten, die ihr euch bei Wikipedia ansehen könnt. Die 10 besten DAWs der Welt, allerdings in Bezug auf die Musikproduktion, hat LANDR gekürt.

Wie? Die remote-Variante

Für den Fall, dass es wegen Covid-19 oder anderer Gründe nicht möglich ist, euren Gesprächspartner:innen direkt gegenüber zu sitzen, hält unser digitales Zeitalter sehr gute Alternativen bereit. Mit Zencastr (kostenfrei) oder Ringr (auch über Telefon nutzbar) könnt ihr das Gespräch ins Netz verlegen. Es wird pro Teilnehmer:in eine Tonspur erstellt, die ihr im Anschluss herunterladen könnt. Davor solltet ihr allerdings nicht nur sichergehen, dass alle eine stabile Internetverbindung haben, sondern dass eure Gesprächspartner:innen brauchbares Aufnahmequipment und einen angemessen Raum nutzen. 

Ein handelsübliches Headset kann da schon ausreichen. Nun muss aber die Position des Mikros – eures und das eures Gegenübers – so fixiert werden, dass ihr nicht immer wieder dagegen kommt oder es an eurer Kleidung reibt. Dann habt ihr nämlich Störgeräusche, die ihr in der Postproduktion sehr umständlich entfernen müsst. Ein Tipp: Für die Raumsuche eurer Gesprächspartner:innen könnt ihr zunächst immer das Schlafzimmer vorschlagen – meistens kein großer Raum, in der Regel mit mindestens einem Polstermöbel und Vorhängen versehen. Für einen Podcast von der Digitalen Provinz hat sich einer unserer Gäste auch schon mal in einen Kleiderschrank gesetzt.

Der gute Ton – So geht Postproduktion

Nachdem ihr also das Gespräch auf die eine oder die andere Weise aufgezeichnet habt, geht es an die Postproduktion. Euer Ziel ist es, den Ton so gefällig wie möglich zu gestalten, also frei von störenden Nebengeräuschen und angemessen laut. Ich beschreibe im Folgenden schrittweise den Standardvorgang, den ich mir über die Zeit erarbeitet habe, und erläutere kurz, was jeder Schritt bewirkt.

Bestandsaufnahme: Was muss überhaupt bearbeitet werden?

Zunächst höre ich jede Spur einzeln an und bestimme, was stört und was fehlt. Außerdem ermittle ich, inwiefern sich die Spuren unterscheiden und worin sie sich ähneln. Im Studio aufgenommene Spuren ähneln sich aufgrund der gleichen Umgebung und Mikros sehr; remote-Aufnahmen via Zencastr bspw. unterscheiden sich mitunter erheblich.

Bearbeitungsschritte, die für alle Spuren gleichermaßen anfallen, verlege ich dann in eine BUS-Spur. Das könnt ihr euch wie eine Art Tunnel vorstellen, durch den die Tonspuren müssen, bevor sie im Master-Track ankommen. Während sie diesen Tunnel passieren, wirken die eingestellten Effekte auf jede Spur gleich.

Störgeräusche reduzieren

Die tatsächliche Postproduktion startet dann mit der Reduzierung von Leitungsrauschen und Hall, falls vorhanden. Beim Audiobearbeitungs-Programm Audition gibt es sehr hilfreiche Plugins, die ich nur noch justieren muss, damit nicht zu viel gefiltert wird und die Stimme am Ende klingt wie eine schlechte MP3 aus den späten 90ern. Für meine Kollegin Anne von der Digitalen Provinz brauche ich meist noch ein weiteres reduzierendes Plugin, da sie ein sehr sauberes bis scharfes S spricht. Dafür gibt es so genannte De-Esser, welche die Zischlaute absenken. So viel zu dem, was stört.

Quelle: Giphy.

Nun zu dem, was fehlt. Hier geht es mir um die Frequenzen der Spuren: Klingt die Spur sehr dumpf (tiefenlastig) oder sehr dünn (höhenlastig) oder klingt die Stimme nasal (mittenlastig)? Mit einem parametrischen Equalizer und einem Preset zur Stimmoptimierung kann ich da noch manches rausholen und optimieren. Häufig muss ich da ein bisschen rumprobieren, bis ich weiß, wie ich ans Ziel komme. Das ist aber ein wesentlicher Faktor für die Postproduktion im Allgemeinen: Ihr solltet vorher eine Vorstellung davon haben, wo ihr hinwollt und wie das Ergebnis klingen soll.

Gleichmäßige Lautstärke

Nachdem also die Störgeräusche reduziert und die Frequenzen optimiert wurden, sorgt ein Kompressor dafür, dass unser Podcast gleichmäßig laut ist. Das wird oft missverstanden. Ein Kompressor verstärkt nicht das Signal, sondern senkt Peaks ab einem bestimmten Schwellenwert ab. Die Tonspur wird also an den lauten Stellen quasi nach unten korrigiert und passt diese der allgemeinen Lautstärke an. Diese gleichmäßig laute oder besser leise Tonspur kann anschließend wieder verstärkt werden und ist dann gleichmäßig laut.

Dieses Prozedere ist unglaublich wichtig. Während eines Podcasts die Lautstärke hoch und runter regeln zu müssen, findet niemand spaßig. Im schlimmsten Fall wird man von einem lauten Geräusch überrascht, nachdem man voll aufdrehen musste. Wenn man Kopfhörer nutzt, kann das schon gefährlich werden. Ein weiterer Grund liegt in der Besonderheit der Streamingplattformen und dem Unterschied von Peak und Loudness. Ihr habt Lust auf einen Deep Dive zu diesem Thema? Dann empfehle ich dieses Video.

Für alle anderen: Die durchschnittliche Lautstärke der Tonquelle ist entscheidend, nicht der maximale Grenzwert. Wer darauf nicht achtet, muss mitunter damit leben, dass Spotify den eigenen Podcast herunter regelt und er damit deutlich zu leise ist. Und für das menschliche Ohr ist „zu leise“ ist gleichbedeutend mit „schlecht“.

Schnitt, Begrüßung & Verabschiedung

Apropos Kopfhörer: Während all dieser Schritte nutze ich großmembranige Kopfhörer, also keine In-Ears, um die Feinheiten hören zu können und nicht von Umgebungsgeräuschen gestört zu werden. Wenn der Ton stimmt und ich niemanden störe, nutze ich für den Schnitt nur noch die Boxen meines MacBooks. Dadurch habe ich eine repräsentative Testumgebung und kann bspw. feststellen, welche Stellen schwer oder gar nicht zu verstehen sind. Beim Schnitt konzentriere ich mich im Allgemeinen nur auf langatmige Passagen, wiederholtes Ansetzen bei Versprechern bspw. und dergleichen. Verzögerungslaute wie äh, ähm oder mhh fliegen bei mir nur dann raus, wenn sie allzu häufig und über die Maße prägnant auftreten; man also gefühlt mehr Verzögerungslaute als Worte hört.

Nachdem ihr den Ton nun optimiert und das Gespräch zurechtgeschnitten habt, setzt ihr möglicherweise noch euer Intro davor und das Outro an den Schluss. Fast geschafft. Jetzt muss der Mixdown exportiert werden. Da ein Podcast fast ausschließlich Stimme wiedergibt und bis auf Intro und Outro in der Regel keine Musikstücke enthält, habe ich für mich einen Kompromiss hinsichtlich Dateiformat und Bitrate gewählt: Ich gebe die Audiodateien als mp3 mit einer variablen Bitrate von etwa 192 kbit/s aus. Das ist für die Musik der Jingles noch akzeptabel und für die Stimme mehr als genug. Nun muss das fertige Stück nur noch raus in die Welt.

Das Licht der Welt – So geht die Veröffentlichung

Es gibt eine Vielzahl von Podcast-Plattformen und damit auch die Qual der Wahl. Eins steht jedoch fest: Spotify ist Muss. Der Marktanteil des Streamingdienstes ist derart groß, dass man schon sagen kann: „Wer nicht bei Spotify ist, existiert nicht.“ Der nächstgrößere Anbieter ist Apple Podcasts, gefolgt von vielen, die sich Platz 3 teilen. Wenn möglich empfehle ich euch, Podigee zu nutzen. Hier stellt ihr einmal euren Podcast bereit und Podigee verteilt ihn dann auf die gewünschten Plattformen.

Egal, wie ihr es handhabt: Jede Folge braucht neben einem aussagekräftigen Titel auch einen beschreibenden Text, der den Inhalt zusammenfasst und bestenfalls neugierig macht, und ein Bild. Außerdem solltet ihr Shownotes bereitstellen; also weiterführende Informationen zu dem Gesagten, zum Beispiel in Form einer Linkliste.

Screenshot: Spotify.

Viel Spaß beim Ausprobieren – oder Helfen-lassen

So, nun habe ich einiges an unserem „KNO“how preisgegeben und denke, dass ihr nun einen guten Einblick davon habt, was alles zur Podcast-Produktion gehört. Vielleicht helfen euch die beiden Artikel dabei, euer eigenes Podcast-Projekt umzusetzen. Falls ihr euch das dann doch nicht zutraut oder ihr den Aufwand nicht selbst stemmen könnt oder wollt: Korrektur NachOben berät euch gerne und übernimmt mit Freude die Umsetzung für euch.

Und nun seid ihr wieder dran: Stimmt ab, wie euch der Artikel gefallen hat, stellt eure Fragen oder gebt Hinweise in Form eines Kommentars.

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