Heute beginnt die Social Academy in München. Worum geht’s? Um Wissenstransfer – von wirtschaftlichen hin zu zivilgesellschaftlichen Akteuren. Im Rahmen von Seminaren und Einzelcoachings vermitteln Führungspersönlichkeiten engagierter Unternehmen eine Woche lang Inhalte an Menschen aus dem Dritten Sektor. Ursprünglich fand die Social Academy nur in Berlin statt, ist dieses Jahr allerdings auch nach München gezogen und findet im Kontext der aktuell wieder steigenden Fallzahlen digital statt. Die Koordination des Projekts liegt in München bei der Haus des Stiftens gGmbH und für manche Veranstaltungen könnt ihr euch auch jetzt noch anmelden. Alle Infos gibt’s es hier.
Wir haben mit Alexander Kraemer, Projektleiter der Social Academy München darüber gesprochen, was die Teilnehmenden diese Woche erwartet und welches Potential in der sektorübergreifenden Wissensvermittlung liegt. Viel Spaß mit dem Interview.
Anfang Oktober ist die diesjährige Berliner Social Academy zu Ende gegangen, die von einem Netzwerk Berliner Unternehmen erfolgreich seit 2013 durchgeführt wird. Von heute bis Freitag geht sie auf Initiative von Haus des Stiftens digital in München weiter. Was erwartet die Teilnehmer:innen?
Wir freuen uns, dass die Idee der Social Academy auch in München sofort auf fruchtbaren Boden gefallen ist – unter Unternehmen mit Sitz in München genauso wie bei den Organisationen, für die wir gemeinsam Angebote machen. Fast 30 Münchner Unternehmen werden ihr Expertenwissen in ganz unterschiedlichen Formaten pro bono an Haupt- und Ehrenamtliche von Non-Profit-Organisationen weitergeben. In Online-Seminaren sprechen echte Expert:innen über ihre Themen – von Fundraising und Akquisefragen über Marketing- und Kommunikationsthemen bis hin zu den Bereichen Personal, Recht und Organisationsentwicklung ist alles dabei.
Wir haben echte Top-Level-Gäste aus den ganz großen Unternehmen dabei. Wer sie genau erwartet, wissen die angemeldeten Teilnehmer:innen vorher noch gar nicht. Die Themen sollen im Mittelpunkt stehen, nicht die großen Namen. Neben den Online-Seminaren, an denen jeweils viele Personen teilnehmen können, gibt es auch ein breites Angebot an Online-Coachings. Hierauf bereiten sich die Teilnehmenden genau wie ihre Berater:innen vor und können dann virtuell ganz konkret über ihre Fragen und Herausforderungen sprechen.
Es gibt ja viele tolle Formate um Austausch- und Lernräume zu schaffen. Warum wolltet ihr gerade das Format der Social Academy nach München übertragen?
Uns hat die Idee sofort begeistert – und dass wir damit, wie auch die Berliner Partner:innen, auf einen Bedarf stoßen, haben wir sehr schnell gemerkt. In unserer Arbeit beim Haus des Stiftens teilen uns Organisationen immer wieder ihre Bedarfe mit, zu welchen Themen sie Impulse brauchen, und eine gesonderte Abfrage hat uns bei der Vorbereitung des Programms geleitet.
Wir hatten uns vorgenommen, im ersten Jahr rund 10 Unternehmen zu gewinnen – binnen kurzer Zeit hatten wir dann unsere 29 Münchner Unternehmen und die Stadt München dabei. Das Beste: Sie haben uns die Türen nicht nur eingerannt – vor allem haben sie ihre Türen aufgemacht. In verschiedenen Gesprächsrunden mit unseren Ansprechpersonen, oft die Nachhaltigkeitsverantwortlichen der Unternehmen, wurden wir immer wieder mit neuen, weiteren Angeboten, Ideen und Referent:innen überrascht, frei nach dem Motto „Ah, ich kenne da noch jemanden“. Das zeigt, wie viel Eigenmotivation in den Unternehmen steckt, ihr Wissen mit der Zivilgesellschaft zu teilen. Wir können so viel voneinander lernen – und dabei gute Kontakte knüpfen.
Aber sind das Wirkungsziel, die Mittel und die Abläufe eines Unternehmens nicht ziemlich weit weg von der Realität vieler sozialer Organisationen? Gerade wenn wir kleine Vereine anschauen?
Das ist richtig – einerseits. Ganz kleine Vereine ohne eine hauptamtliche Struktur sind das eine, aber das ganze Spielfeld mittlerer bis größerer Organisationen beschäftigt sich mit den gleichen Themen wie die Unternehmen – nur haben diese ganz andere Mittel, ausgebildete Fachkräfte für diese Bereiche einzustellen und zu Expert:innen aufzubauen. Non Profits haben oft nicht die nötigen Ressourcen für teure Weiterbildungen bei den großen Playern. Unternehmen und gemeinnützige Organisationen schauen mit einem frischen Blick auf die jeweiligen Strukturen in den Organisationen, dadurch können beide Seiten voneinander profitieren.
Darüber hinaus – auch ich habe lange als Nachhaltigkeitsverantwortlicher in der freien Wirtschaft gearbeitet: Vor fünf Jahren hätte ich mir dieses Format nicht vorstellen können, denn wir haben hier verschiedene Unternehmen zusammengebracht, die auf dem Markt in Konkurrenz zueinander stehen. Aber die Zeichen stehen bei der Social Academy auf Kollaboration. Wo der eine ein Thema nicht abdecken kann, springen andere ein.
Trotzdem ist es natürlich richtig – und das wissen wir aus den Erfahrungen im CSR (Corporate Social Responsibility) Bereich – dass Unternehmen eine eigene Sprache haben und für den Blick und die Logiken sozialer Organisationen erst sensibilisiert werden müssen. Von den Münchener Volunteers aus den Unternehmen haben in diesem Jahr rund zwei Drittel keine Erfahrung in der Interaktion mit Nonprofits: Wir schulen sie in Vorbereitung auf ihren Einsatz – und erhöhen damit langfristig den Ressourcenpool für Non-Profits.
Wie genau sieht das aus?
Wir möchten der Intermediär sein. Wir bereiten die Referent:innen der Online-Seminare und Coachings auf die Zielgruppe und ihre Bedarfe vor – damit aus der Stunde möglichst viel herausgeholt werden kann. Mit Gesprächen, Checklisten und Videos für die Freiwilligen aus den Unternehmen bereiten wir die Basis. Daraus entsteht auch ein gegenseitiges Verständnis, das über die Woche der Social Academy hinausragt.
Die Social Academy ist eines der wenigen Formate wo man gut begleitet mit einer überschaubaren Aufgabe einsteigen kann. Es ist zu Beginn fast wie ein gemeinschaftlicher Malereinsatz, nur mit einer langfristigen Vision: Wir schaffen neue Freiwillige für die langfristigen Beratungsangebote bei etablierten Programmen wie Volunteer Vision, startsocial und anderen.
Wie relevant ist die örtliche Skalierung angesichts der rein digitalen Angebote – warum verortet ihr euch so stark in München, und die Berliner in der Hauptstadt?
Die lokale Ansprache von Unternehmen und sozialen Organisationen ist bewusst gewählt, denn ein bisschen funktioniert die Social Academy auch wie eine Kuppelshow. Gerade in den Einzelcoachings lernen sich regionale Organisationen und Unternehmen kennen. Aus der Berliner Erfahrung wissen wir, das daraus nachhaltige Kooperationen entstehen können, das macht die Regionalität so bedeutsam. Nichtsdestotrotz haben wir auch Anmeldungen aus anderen deutschsprachigen Regionen akzeptiert, so lange der Platz reicht.
Die Social Academy ist in diesem Jahr sowohl in Berlin als auch bei uns in München erstmalig eine digitale Veranstaltung. Als wir uns entschieden haben, die Social Academy nach München zu holen, waren die Entwicklungen durch die Corona-Pandemie noch nicht abzusehen. Wir haben für die Social Academy München eine Plattform entwickelt, die den Zugang zu Wissensspenden für Non-Profits einfacher machen soll. Sie ist ursprünglich für analoge Veranstaltungen konzipiert, mit integrierten Karten und mehr. Doch sie war eben auch leicht für ein digitales Event anzupassen, auch hybride Möglichkeiten sind für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Das hat die Sache erleichtert.
Für den Beziehungsaufbau und gute Netzwerke zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft möchten wir die Social Academy hier in München in den Folgejahren auch (wieder) zu einem Ort echter Begegnung machen. Wie genau das aussieht, und wie digitale und analoge Formate hier zusammenspielen können, werden wir uns in den kommenden Monaten überlegen.
Heute beginnt die Münchner Social Academy: Du und deine Kolleg:innen habt eine vollgepackte Woche vor euch – wie wird die aussehen?
Wir werden mit unserem sechsköpfigen Moderationsteam alle 33 Veranstaltungen technisch und moderativ begleiten. Das wird eine tolle Herausforderung für uns, mit insgesamt 370 Referenten aus den verschiedenen Unternehmen zu arbeiten.
Unsere Angebote laufen entweder über Microsoft Teams oder über Zoom ab: Zwei stabile Programme, die ihre jeweiligen Stärken für die verschiedenen Angebote haben und auch unter den Nutzer:innen schon gut bekannt sind. Das Programm teilt sich ja in verschiedene Themenstränge auf, und wir haben die inhaltlich zusammengehörigen Programmpunkte jeweils locker über die Woche verteilt, so dass sich alle über die Woche verteilt ihr passendes Programm zusammenstellen können. Das bringt eine gute Abwechslung rein. Ich freu mich drauf!
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