TSV Husum: Trockenschwimmen über Zoom

Ein Sportverein ohne offene Sporthalle und wöchentliche Angebote? Das geht doch gar nicht. Doch zu Corona-Zeiten musste es gehen. Der TSV Husum wurde digital – auf die Idee kam die FSJ’lerin.

Irgendwann hielt es FSJ’lerin des TSV Husum nicht mehr aus. „Warum machen wir nicht selber Fitnessvideos?“, fragte sie auf einer Notsitzung des Sportvereins TSV Husum. Gerade war der erste Lockdown über Deutschland verhängt worden. „Wir schlossen alle unsere Turnhallen ab, machten das Licht aus und gingen nach Hause“, erinnert sich Henning Jessen, 40 Jahre, Geschäftsführer.

2000 Mitglieder hatten sie vor Corona, die jede nur erdenkliche Sportart bei ihnen trainierten: von Judo und Karate über Wandern, Yoga und Tanzen zu Fußball, Schwimmen und Handball war alles dabei, was der Breitensport zu bieten hat. Kinder, Jugendliche, Erwachsene und auch Senior:innen kamen Woche für Woche zusammen, um sich zu ertüchtigen.

Digital Natives auf der einen und Techniküberforderung auf der anderen Seite

Damit war nun erstmal Schluss, damals im Frühjahr 2020. Doch wie sollte es nun weitergehen? Während die Älteren erst einmal ratlos waren, preschte die FSJ’lerin vor. Smartphone aufgestellt, Matte hingelegt, die ersten Ertüchtigungsvideos gedreht – mit sich selber als Hauptperson und auch gleich mit einer kostenlosen App zurechtgeschnitten. Keine aufwändige Technik, sondern einfach loslegen, darum ging es ihr. Dazu eröffnete der Verein einen Youtube-Account und einen Instagram-Kanal und auch auf Facebook stellten sie die Videos.

Nach und nach kamen andere Sportbereiche wie Yoga und Jiu Jitsu dazu. Deutlich wurde aber der Generationenunterschied, so Henning. Während die Jüngeren überhaupt keine Probleme hatten, sich vor die Kamera zu stellen und alles „ruckzuck zusammen zu produzieren“, trauten sich viele der älteren Ehrenamtlichen nicht – oder waren von der Technik überfordert.

Trampolinkurs per Zoom

Auf den zweiten Lockdown waren sie besser vorbereitet. Sie hatten sich einen Zoom-Kanal zugelegt und viele der ehrenamtlichen Trainerinnen davon überzeugt, Kurse von Zuhause anzubieten. Die jeweilige Einladung konnten diese selber erstellen und ihre Kursmitglieder per Link dazu einladen. Ein Google-Kalender zeigte wiederum, welche Kurse wann angeboten wurden. „Selbst der Schwimmkurs war dabei und hat sich mit Trockenschwimmübungen und Fitness über Wasser gehalten“, sagt Henning. Für den Zoom-Trampolinkurs verliehen sie Trampoline, die eigentlich in ihren Hallen standen und die sie nun zu den Mitgliedern nach Hause brachten.

Insgesamt seien die Kurse gut gewesen, um Kontakt zu den Mitgliedern zu halten. Einzelsportarten wie Yoga oder Fitness lassen sich tatsächlich gut über den digitalen Weg trainieren. Das digitale Training könnte auch nach der Pandemie helfen, mehr der ehrenamtliche Trainer:innen bei der Stange zu halten: „Viele der jungen Menschen, die bei uns in den Verein gegangen sind, ziehen erstmal aus Husum weg. Digital können sie weiter aktiv bleiben, obwohl sie vielleicht in einer anderen Stadt studieren“, sagt Henning. Doch spätestens beim Teamsport stößt das digitale Training an seine Grenzen. „Da haben wir nur Fitnessübungen anbieten können und Theorie“, sagt Henning.

Für die Kinder und Jugendlichen hat sich das Team kleine digitale Spiele ausgedacht. Zu Weihnachten gab es einen digitalen Weihnachtskalender. Hinter jeder Tür verbarg sich eine Video-Fitnessübung. Zu Ostern versteckten sie Eier in der ganzen Stadt und posteten dazu Foto-Hinweise auf Facebook. Wer das Ei dann fand, durfte es behalten. Als die Ferienfahrt des Sportvereins wegen Corona ausfiel, drehten sie für jeden Tag kleine Videos mit Spielen und Aufgaben für draußen.

Alle Online-Videos des TSV Husum könnt ihr euch auf ihrem Youtube-Kanal anschauen.

Und wie geht’s weiter?

Insgesamt hat der TSV Husum rund 300 Mitglieder seit Pandemiebeginn verloren. „Das ist eigentlich die natürliche Schwankung. Circa 10 Prozent gehen jedes Jahr und circa 10 Prozent kommen neu dazu. Doch die Neuankömmlinge haben nun gefehlt“, sagt Henning. Das sei zwar traurig, aber insgesamt hätten sie sich ins Zeug gelegt und das Beste aus der Situation gemacht.

In Zukunft wollen sie den Zoom-Kanal für Hybridlösungen nutzen. Das sind Angebote, die vor Ort stattfinden und gleichzeitig per Zoom übertragen werden. „Oder Angebote, die vor Ort stattfinden, aber von Trainer:innen per Zoom aus einer anderen Stadt angeleitet werden“, so Henning.

Creative Commons Lizenzvertrag

Mehr über Projekte, die neue digitale Wege gefunden haben

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr Beiträge aus dem Magazin

D3 – so geht digital ist ein Projekt der     gefördert durch  Logo DSEE