So gelingt LeanCoffee digital: Schnelle Struktur für offenen Austausch

Vor einigen Wochen haben wir euch die Methode LeanCoffee vorgestellt – eine Methode, die Struktur in bewusst unstrukturierte Treffen bringt. Das Prinzip ist schnell verstanden, die Umsetzung ist basisdemokratisch – und das Ganze funktioniert auch wunderbar digital. Wir zeigen wie!

Man sieht Hände auf einer Tastatur eines Laptops, in dem ein Textdokument geöffnet ist. daneben auf dem Tisch steht eine Tasse Kaffee oder Cappuccino.

Stellt euch vor, ihr ladet digital zu einem offene Austauschtreffen ein – ihr wollt euch einem Thema annähern oder es gibt zu einem größeren Themenblock im Team verschiedene Stellen, an denen der Schuh drückt. Bei einem unmoderierten Austausch passiert in solchen Situationen oft das Folgende: Jemand stellt zu Beginn eine Frage, die nur für ihn oder sie relevant ist, wirft beharrlich Nachfragen in den Raum – und das Zeitfenster für euer Treffen ist rum. LeanCoffee ermöglicht, den Austausch kurz und schnell zu sortieren und eng an den Bedarfen der Gruppe entlang zu führen. 

Wir wollen uns nicht wiederholen, was die grundsätzliche Struktur und Idee von LeanCoffee angeht. All das könnt ihr hier in Ruhe nachlesen:

Aber fassen wir noch einmal kurz zusammen. LeanCoffee (digital) ist gut geeignet für:

  • Gruppen bis 20 Personen (digital funktioniert die Methode auch mit etwas größeren Gruppen als den analog empfohlenen 10-15)
  • bei Bedarf kann die Gruppe geteilt werden (z.B. in parallele Break-Out Sessions)
  • eignet sich für Treffen ab mindestens einer Stunde
  • geeignet für Treffen, bei denen vorher (bewusst) keine Agenda festgelegt wird oder festgelegt werden kann

Benötigte Tools auswählen & einrichten

Genau wie beim analogen Format ladet ihr die Gruppe zu einer bestimmten Zeit und einem groben Oberthema ein – nur dieses Mal in einen Videokonferenzraum. Wenn ihr in dem Programm störungsfrei euren Bildschirm teilen könnt und es einen Chat gibt, passt alles und der Einladungslink kann versendet werden.

LeanCoffee basiert auf den drei Spalten zu diskutieren | in Diskussion | diskutiert – in der analogen Fassung visualisiert auf einem Flipchart oder einer Moderationswand. Das kann man online ganz einfach abbilden. Legt euch vor dem angesetzten Treffen in Ruhe eine virtuelle Variante an. Dabei könnt ihr zum Beispiel ein digitales Whiteboard nutzen (Miro, GoogleJamboard, nexboard und so weiter). Mit wenigen Klicks könnt ihr euch dort die drei Spalten einrichten. Hängt noch ein paar leere virtuelle Klebezettel in die „zu diskutieren“ Spalte, das macht es den ersten Teilnehmenden einfacher – fertig.  

Tipp: Achtet darauf, die Freigabeeinstellungen so einzustellen, dass die Teilnehmenden später auch aktiv das Board benutzen können!

So könnte euer digitales LeanCoffee zur Halbzeit in etwa aussehen – hier wurde mit dem GoogleJamboard gearbeitet.

Es gibt aber auch Tools wie funretro.io, die gleich ein Template, also eine Vorlage für LeanCoffee anbieten. Das hat einige Vorteile, wie wir gleich erklären.

Es geht los! LeanCoffee digital moderieren

Nach einem sanften Einstieg in die Veranstaltung und einer möglicherweise nötigen Kennlernrunde (Anregungen in unserer Serie Onlinemoderation und Soziale Wärme im Digitalen) geht es in die Arbeitsphase. Erklärt kurz den Ablauf, dann geht es los:

# Themen sammeln

Teilt den Link zu eurem digitalen LeanCoffee-Board im Chat mit den Teilnehmenden und ermuntert sie, ihre Gesprächspunkte (am besten als offene Fragen formuliert) auf jeweils ein Post-It bzw. Beitrag in die erste Spalte zu schreiben (zu diskutieren). In der Regel reichen für diese Einheit 5-10 Minuten – sagt dies vorab an und stellt einen Timer – dazu weiter unten mehr.

Diese Hinweise helfen euch und euren Teilnehmenden für ein gutes Erlebnis:

  • Präzises Formulieren der Frage/ des Themas hilft allen im nächsten Schritt.
  • Weniger ist mehr: Bei kurzen Treffen von 1-2h sollte jede:r einzelne lieber wenige, der Person wichtige Punkte aufschreiben – damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese behandelt werden.
  • Steht ein Thema bereits dort, lohnt es sich nicht, es erneut aufzuschreiben.

#Zusammenführen und erklären

Nun schaut ihr gemeinsam auf die gesammelten Themen oder Fragen. Gibt es Erklärungbedarf zu einzelnen Themenvorschlägen? Dann lasst die Urheber:innen kurz präzisieren, was sie meinen. Möglicherweise gibt es auch Dopplungen oder Themenhäufungen – hier bietet es sich für ein authentisches Abstimmungsergebnis an, diese auf einem Zettel / in einem Beitrag zusammenzuführen – sofern die Erstellenden wirklich das gleiche meinen. Wenn ihr dies nicht tut, erhalten zwei gleiche Beiträge im nächsten Schritt möglicherweise einzeln knapp weniger Punkte als ein anderes Thema, obwohl hier genau genommen geballtes Interesse besteht.

Ein LeanCoffee – erstellt im Tool funretro.io

# Priorisieren

Beim analogen Treffen würden nun alle Klebepunkte oder einen Stift bekommen und ihre Top-Themen markieren – das geht auch digital. Gebt bekannt, wie viele Punkte jede:r zum Abstimmen hat – es dürfen auch mehrere Punkte für einen Vorschlag vergeben werden.

Bei den meisten Whiteboards könnt ihr nicht direkt kontrollieren, ob sich alle an ihre Punkte-Anzahl halten: Sie müssen mit einem Stift auf den für sie besonders interessanten Klebezetteln Kreuze machen. Bei Tools wie Funretro hingegen könnt ihr als Administrator:innen die Anzahl der Punkte pro Teilnehmer:in festlegen.

Haben alle abgestimmt, sortiert ihr am Whiteboard die Post-Its nach vergebenen Punkten – die stärksten zuoberst. Vielleicht könnt ihr hier beim Auszählen und Sortieren Hilfe aus den Teilnehmendenschaft bekommen, wenn ihr keine Co-Moderation dabei habt. Bei Funretro könnt ihr mit einem Mausklick die Beiträge nach Abstimmungsergebnis sortieren – es kann losgehen mit der Besprechung!

# Start Runde 1

Zieht nun den obersten Post-It oder den obersten Beitrag, also den mit den meisten Stimmen, in die zweite Spalte – in Diskussion. Nun geht es los mit einem offenen Austausch zu diesem Thema bzw. dieser Frage.

Stellt einen Timer – in vielen Whiteboards ist diese Funktion integriert, ebenso auch in funretro.io. Bei LeanCoffee gilt: Pro Thema ist zunächst das gleiche Zeitfenster vorgesehen – i.d.R. 10 Minuten. In dieser Zeit diskutiert die Gruppe offen zum Thema.

Achtung! Ist die Gruppe größer als 5 Personen, braucht es in der Regel eine Moderation, um für ein ausgewogenes Redeverhalten zu sorgen. Dazu hilft es, wenn sich alle Teilnehmenden vor ihrem Beitrag mit einem vereinbarten Zeichen melden – physisch im Bild, mit der „Hand heben“- oder Meldefunktion oder durch das Schreiben des eigenen Namens in den Chat.

Sind die 10 Minuten verstrichen, wird abgestimmt. Ist das Thema weitgehend besprochen, braucht es weitere 5 oder 10 Minuten – oder hat sich die Komplexität des Themas offenbart und ein Extra-Meeting soll vereinbart werden? Eine vorbereitete Online-Umfrage über Sli.do, mentimeter oder die videokonferenzeigenen Umfragetools kann das Abstimmen vereinfachen. Theoretisch kann nach einer zweiten Runde von 10 Minuten erneut abgestimmt werden, ob das Thema weiter besprochen werden soll. Von Ausnahmefällen abgesehen empfehlen wir aber, nach der zweiten Runde automatisch einen Schlußpunkt zu setzen und – falls nötig – Folgetreffen zu vereinbaren.

# Weiter geht’s!

Herzlichen Glückwunsch! Der Post-It mit dem bearbeiteten Thema wandert nun in die dritte Spalte „diskutiert“. Nun rutscht das zweithöchstbewertete Post-It aus Spalte 1 in Spalte 2 – und der Kreislauf beginnt erneut – bis die Zeit vorbei ist.

Denkt daran, bei längeren Treffen kurze Pausen und längere Pausen abzuwechseln. Spätestens nach einer guten Stunde empfehlen wir eine 5-10 minütige Pause. Bei längeren Treffen beitet sich auch eine gemeinsame Bewegungspause an – Ideen findet ihr in den oben verlinkten Serien zu Onlinemoderation und Sozialer Wärme.

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